Kommt eine Polizeipräsidentin?

■ Landespolizeidirektor Heinz Krappen wurde in den Ruhestand gegangen / Direktionschef Richard Peters versetzt Von Kai von Appen

Der Häuptling muß gehen – die Indianer bleiben. Der wegen der neuesten Enthüllungen über Folterungen im Kirchenallee-Revier unter Beschuß geratene Landespolizei-Chef Heinz Krappen hat gestern aus „gesundlichen Gründen“ um Versetzung in den Vorruhestand gebeten. Innensenator Hartmuth Wrocklage: „Dem wird entsprochen.“ Wrocklages Resümee: „Die Behandlung der gesamten Angelegenheit im Bereich der Polizeiführung ist unzureichend gewesen.“

Dem Wunsch Krappens war in der Nacht dezenter Druck vorangegangen. Wrocklage: „Herr Krappen hat vor dem Hintergrund der Problemlage die Konsequenzen gezogen – ich habe ihm aber auch die Problemlage sehr deutlich gemacht.“ Daß Ex-Innensenator Werner Hackmannn damals nicht über die schweren Vorwürfe informiert wurde, sei eine schwerwiegende Verfehlung. „Dafür trägt Herr Krappen die Gesamtverantwortung“, so Wrocklage.

Krappen wies gestern den Vorwurf der Vertuschung zurück: „Die erneuten Vorwürfe, ich hätte von den Vorfällen gewußt und nichts unternommen, weise ich entschieden zurück.“ Es habe damals nur „vage Hinweise“ von Konflikttrainern der Polizeischule gegeben; die Identität des Informanten wurde nicht offengelegt. Diese Diskretion war damals vom Leiter der Polizeischule, Manfred Bienert, angeordnet worden.

Einen deftigen Rüffel bekamen auch Kripochef Wolfgang Sielaff und Direktionschef Richard Peters verpaßt. Die beiden, wie auch Krappen und Bienert, hätten es pflichtwidrig unterlassen, die interne Ermittlungsgruppe „Ps3“ (Beamtendelikte) oder die Staatsanwaltschaft über die gravierenden Vorwürfe zu unterrichten. Wrocklage: „Dies wird ausdrücklich mißbilligt.“

Dabei blieb es dann aber auch. Weitere personelle Konsequenzen in der Polizeispitze blieben aus. Wrocklage: „Woran ich nicht denke, ist die Ablösung der gesamten Polizeiführung, um die Stadt der Kriminalität wehrlos zu überlassen.“ Kosmetische Ausnahme: Ein Postentausch. Direktionschef Peters wird Leiter der Bereitschaftspolizei, deren Chef Jens Herrmann übernimmt die Direktion-Mitte. Obwohl Peters seit 1992 von den Scheinhinrichtungen wußte, genießt er weiter des Senators Vertrauen: „Herr Peters erklärte, daß er der Überzeugung war, daß es so menschenverachtende Vorkommnisse bei der Polizei nicht geben kann.“

Darüber hinaus will Wrocklage der Polizei wieder eine „zivile Führung“ verpassen – eine Polizeipräsidentin (oder vielleicht einen Polizeipräsidenten). Wrocklage: „Eigentlich wollte ich die Entscheidung erst im Rahnmen der Organisationsentwicklung treffen.“ Doch nun sei er zum Handeln gezwungen. Mit der neuen Präsidentin werde er dann auch weitere Personalmaßnahmen abstimmen. Der Senator: „Es wird ein bitterer Weg.“

Und auch Amnesty International wird die Polizei unter die Lupe nehmen. Amnesty-Sprecher Michael C. Butler erklärte in London: „Wir werden die Fälle von Mißhandlungen durch Polizisten untersuchen.“

(siehe auch Seite 4)