Die Berliner Rinder sollen BSE-frei sein

■ Das Berliner Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT) sieht keinen Grund zur Beunruhigung

Sollte Berlin dem Wahnsinn verfallen, dann wohl zuletzt dem Rinderwahnsinn. Denn zwischen großstädtischem Architektur- und Verkehrs- Wahnsinn bleibt für die Landwirtschaft nur wenig Raum. Trotzdem: Jenseits der innerstädtischen Baustellen werden über tausend Rinder von Berliner Bauern gehalten, und auf die muß in Zeiten von BSE ein besonders wachsames Auge geworfen werden. Diese Aufgabe fällt dem Institut für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT) in der Invalidenstraße in Berlin-Mitte zu. Es ist dem Berliner Betrieb für zentrale gesundheitliche Aufgaben unterstellt. Sollten Fälle von BSE auftauchen, sie würden als erstes vom ILAT bemerkt werden. Denn hier, in der Tierseuchen-Abteilung, einer Art animalischem Gesundheitsamt, werden Berliner Heim-, Nutz- und Wildtiere auf meldepflichtige und übertragbare Krankheiten untersucht.

Jedes erkrankte Rind wird untersucht

Hundertsechzig Mitarbeiter, davon fünfzig Wissenschaftler, untersuchen jedes Rind, das „an zentralnervösen Symptomen verendet ist“, erklärt Jochen Henschke, stellvertretender Leiter des ILAT. Die amtlichen Tierärzte, die den Berliner Rinderbestand regelmäßig untersuchen, sind verpflichtet, jeden Kadaver eines an Nervenkrankheiten verstorbenen Rinds mit Haut und Haar bei der ILAT einzureichen.

Und auch ohne die britische Rinderseuche haben die Mitarbeiter des ILAT alle Hände voll zu tun. Denn alle Kadaver müssen zunächst auf Tollwut und andere „klassische“ Nervenerkrankungen untersucht werden. Sollte bei dieser Untersuchung zusätzlich ein Verdacht auf BSE aufkommen, würde der Kadaver zur weiteren Untersuchung nach Tübingen zur Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen geschickt werden. Damit fiele der Fall aus der Kompetenz der Berliner Wissenschaftler. Dieser Fall ist jedoch bisher noch nicht eingetreten. Laut Jochen Henschke hat es in Berlin „noch keinen einzigen BSE-Verdacht oder eine Notschlachtung gegeben“. Lediglich die Anrufe verunsicherter BerlinerInnen bei den MitarbeiterInnen des Instituts hätten zugenommen. Viele der Nachfragenden seien von widersprüchlichen Berichten in den Medien verwirrt. Doch Henschke kann beruhigen: „Berliner Rinder sind BSE-frei.“

Ähnlich optimistisch schätzt auch Peter Rummel, Referatsleiter für Veterinärwesen bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, die derzeitige Situation in den Berliner Rinderställen ein. Seit der Einführung einer Überwachung der Berliner Rinder durch die Amtstierärzte im Jahre 1994 gab es keinen einzigen Verdacht auf BSE- Erkrankung.

Nun sind die Berliner Rinder nicht einfach nur irgendwie gesünder als beispielsweise die Kuh Cindy aus Höxter. Aber während Cindys Stammbuch auf derzeit noch etwas unklaren Wegen nach Schottland führt, gibt es in Berlin kaum Rinder britischer Abstammung. Auch eine britische „F-1- Generation“, also direkte Nachfahren der gefährdeten britischen Rinder, ist auf hiesigen Weiden nicht zu finden. Lediglich einige „F-2-Rinder“, also Kühe mit britischen Großeltern stehen auch in Berliner Ställen.

Keine britischen Rinder in Berliner Ställen

Da aber seit vier Jahren das Füttern der Tiere mit Tiermehl verboten ist, sind alle bisher vermuteten Risiken minimiert. Eine mögliche BSE-Erkrankung Berliner Rinder kann also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. „Die Berliner haben Glück, da seit Jahren keine britischen Rinder mehr in die Stadt eingeführt worden sind“, sagt Peter Rummel.

Doch gesunde Rinder hin oder her, was auf die Berliner Tische kommt, ist in den seltensten Fällen aus einheimischer Schlachtung. Um den Fleischverbrauch einer Stadt wie Berlin abzudecken, braucht es mehr als die tausend Rinder auf den Wiesen am Stadtrand. Ein Großteil des in Berlin verzehrten Fleisches wird in anderen Bundesländern hergestellt oder kommt aus dem Ausland. Wer den Kauf von BSE-vergiftetem Fleisch ausschließen möchte, sollte sich deshalb erkundigen, von woher das Steak kommt. Waltraut Forster