Unbequeme Femme fatale

Gesichter der Großstadt: Isolde Josipovici will, daß die Brunnen wieder sprudeln. Sie sammelt Wassergeld und organisiert eine große Benefizgala  ■ Von Jens Rübsam

Mit ihr nicht. Es war ihre Idee. Sie wollte, daß die 550 Brunnen der Stadt wieder sprudeln. Daß sie nicht zur Müllhalde verkommen. Daß die Berliner Geld spenden. Sie war es, die die Initiative zur Rettung der Springbrunnen ergriff, ihr den Namen gab „Laßt alle Brünnlein fließen“ und mit einem Brief an die Öffentlichkeit ging. Nur einen Tag später verkündete CDU-Mann Klaus-Rüdiger Landowsky lauthals: Berliner, Ihr müßt die Brunnen retten. Ihr müßt was tun. Ihr müßt Geld geben.

Landowsky war auf den Zug von Isolde Josipovici aufgesprungen. Was nicht weiter schlimm gewesen wäre, denn sie ist froh über jede Unterstützung. Was das Faß zum Überlaufen brachte, war vielmehr ein Brief der Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank. Tenor: Schön, daß es Ihre Initiative gibt, aber – leider, leider – ein Engagement ist nicht möglich. 1. Vorsitzender der Bank: Klaus-Rüdiger Landowsky.

So nicht. Isolde Josipovici stellte Landowsky zur Rede, vor großem Publikum, im Abgeordnetenhaus. Er bekam einen roten Kopf, bat zum persönlichen Gespräch, fragte als erstes, welcher Partei oder welchem Verein sie angehöre, und sie entgegnete: „Herr Landowsky, können Sie nicht begreifen, daß auch eine einfache Bürgerin dieser Stadt etwas bewegen will?“

So ist sie eben. Geradeaus. Unbequem. Hartnäckig. Manche nennen Isolde Josipovici eine Femme fatale. Dabei will sie nichts weiter, als daß Berlin nicht zum Schandfleck verkommt, daß die Brunnen, „die Blumen der Stadt“, wieder sprudeln, daß sich die Touristen hier wohlfühlen.

Die Geschichte mit Landowsky hatte doch noch ihr Gutes. Durch ihn bekam Isolde Josipovici einen Termin bei Volker Hassemer, dem Chef von „Partner für Berlin“, und somit Gelegenheit, ihr Anliegen auch an höchster Stelle vorzutragen. Hassemer hat inzwischen zugesagt, die Schirmherrschaft ihrer Benefizgala am 6. April zu übernehmen.

Wenn sie sagt „ich liebe Berlin“, dann glaubt man ihr das. „Diese Stadt hat eine Atmosphäre wie keine andere.“ Man nimmt ihr Sätze wie diesen gern ab. Als Model und Mannequin hat sie die Welt gesehen: Paris, München, Nizza. Als der Kurfürstendamm noch ein Laufsteg war, die Mädchen in Petticoats flanierten und die Mode farbenprächtig schillerte („Heute gehen die Frauen doch nur in Schutt und Asche“), hat sie sich in dieser Stadt Berlin verliebt – in Leon, den Verehrer aus München, der 37 Jahre älter war als sie, einen amerikanischen Nobelschlitten fuhr und so schöne Komplimente machen konnte. Er schwärmte: „Du bist für mich kein Abenteuer. Ich möchte dich heiraten.“ Sie fand: „Ich möchte nicht nur dein Sonntagsgesicht sehen, sondern auch dein Werktagsgesicht.“ Sie hat es gesehen, und sie hat ihn geheiratet, im Dezember 1963, acht Monate nach dem Kennenlernen. Sie war „sein Engel und seine Königin“. Sie hat ihn begleitet, auch in den schweren Jahren, als er gezeichnet von Parkinson und Alzheimer „manchmal unausstehlich wurde“. Sie hat zu Gott gebetet, er möge ihn gehen lassen. Er ging, 1987. Da war sie gerade 41 und seit 15 Jahren in Berlin. Aus der kleinen Pension in der Charlottenburger Bleibtreustraße 19 war eine erstklassige Adresse geworden, aus dem Modell eine Unter nehmerin. Sich in ihrer Schönheit zu sonnen, das wäre für Isolde Josipovici nichts gewesen. „Ich muß was tun“, hatte sie 1972 zu ihrem Mann gesagt, der nicht wollte, daß sie was tat. Allein ist sie von München nach Berlin gefahren, hat Geld aufgetrieben, irgendwie, die runtergekommene „Pension Kettler“ gekauft und die sieben Zimmer peu à peu nach ihren Vorstellungen eingerichtet. Gäste kamen, immer noblere. Heute sind es Künstler vom Theater des Westens (TdW), Caspar Richter, der Dirigent, Geschäftsmänner von der Internationalen Tourismusbörse.

Isolde Josipovici hat immer etwas getan. Eine Ausstellung in Israel organisiert; an der Seite von Fritz Teppich für eine Gedenktafel am Kempinski gekämpft; an den Protest jüdischer Bewohner in der Rosenstraße erinnert; die Initiative „Umbenennung der Reichssportfeldstraße“ unterstützt – „Ich setze mich für vieles ein, was mir nicht paßt.“ Und jetzt eben dafür, daß die Brunnen wieder sprudeln.

„Berlin sieht doch grauenvoll aus.“ Auch das glaubt man ihr. „Wenn sich eine Stadt verkaufen will, muß sie ordentlich und schön sein.“ Und wenn das Marketingexperten nicht fertigbringen, dann müssen es Privatpersonen wie Isolde Josipovici tun.

Seit gut einem Jahr radelt sie von Brunnen zu Brunnen, von Sponsor zu Sponsor, leistet charmant Überzeugungsarbeit, sammelt „Wassergeld“, und ist jetzt dabei, die Benefizgala auf die Bühne zu stellen. Künstler und Galeristen bat sie um Unterstützung – die Resonanz war riesig. 60 Kunstexponate können am 6. April im Haus der Kulturen der Welt versteigert werden. Der Intendant des Theaters des Westens wird die Gala moderieren, das Deutsche Symphonie Orchester wird spielen, Künstler von Staats-, Komischer und Deutscher Oper, vom Metropol Theater und vom TdW werden auftreten. „Ich will mich nicht aufdrängen. Ich will nur behilflich sein, daß die Brunnen im Sommer sprudeln.“ Wieder etwas, was man Isolde Josipovici gern glaubt.