Polizeistern im Asbestrausch

■ Seltsame Finanzierungsspiele bei Hamburgs neuem Polizeipräsidium. Heute tagt der Haushaltsausschuß

Hat Hamburgs umstrittener Innensenator Hartmuth Wrocklage mit einer genialen Finanzkonstruktion seiner Polizei die Chance auf ein modernes, preiswertes Hauptqaurtier verschafft? Oder hat die Innenbehörde mit Finanztricks das alte Polizeihochhaus krankgerechnet, einem Investor die Chance auf Extra-Profite verschafft und sich selbst den Wunsch nach einem hanseatischen Pentagon erfüllt? Endgültige Antworten auf diese Fragen dürfte auch der Haushaltsausschuß der Bürgerschaft nicht finden, der sich heute mit dem 300-Millionen-Mark-Projekt des Neubaus eines Polizeipräsidiums in Alsterdorf befaßt. Die Planung der Innenbehörde hatte der Senat am 14. Januar abgesegnet (taz berichtete).

Danach soll die stadteigene Sprinkenhof AG als Bauherr mit dem Immobilienjongleur Dieter Becken als „Generalübernehmer“ (führt den Bau durch, garantiert die Kosteneinhaltung) für knapp 300 Millionen Mark auf dem Kasernengelände der Bereitschaftspolizei in Alsterdorf einen siebengeschossigen „Polizeistern“ mit zentralem Kreisbegäude und zehn Gebäudeflügeln errichten. Becken soll im Gegenzug das alte, angeblich asbestverseuchte Polizeihochhaus am Berliner Tor und eine Teilfläche in Alsterdorf erwerben dürfen. Nach Wrocklages Lesart ist dies eine rundum prima Sache: Schon am 1. Januar 2000 können Hamburgs Polizisten in Alsterdorf Platz nehmen – und die Stadt spart auch noch Geld.

Zwar ist das alte Polizeihochhaus nach offiziellen Angaben nur „gering“ mit Asbest belastet, lediglich bei den Nebengebäuden staubt die gefährliche Zementfaser in hoher Konzentration. Und auch das Angebot einer Sanierungsfirma, den Asbest deutlich unter bisherigen Kostenkalkulationen zu ent-sorgen, wurde wegen angeblich mangelnder Seriosität des Angebots nicht genauer geprüft. Dennoch besteht gerade für das alte Hochhaus aber der Bedarf nach „Totalsanierung“. Wrocklages Schlußfolgerung: Die Sanierung ist extrem teuer, belastet den laufenden Polizeibetrieb und verhindert Personalrationalisierung.

Mit einem Kaufpreis von nur 37 Millionen Mark für die alte Polizeizentrale liegt Becken sensationelle 46 Millionen unter dem vom Gutachterausschuß für Grundstückswerte ermittelten Geländewert von 83 Millionen Mark. Wrocklages Drucksache murmelt hier etwas von „derzeitiger Lage auf dem Immobilienmarkt“, was aber kaum erklären dürfte, warum Becken ein Grundstück für lediglich 45 Prozent seines Wertes erstehen darf.

Der Billig-Preis für den alten Kasten ist nur eine maue Gegenfinanzierung. Denn die städtische Sprinkenhof AG als Bauherr bezahlt den Neubau, läßt sich diesen dann aber in hohen Jahresraten teuer von der Stadt abtragen. Diese Jahresraten wiederum treibt Wrocklage locker bei der Polizei auf: Das neue Gebäude habe eine so kluge Raumaufteilung, daß 60 Stellen wegfallen könnten. Dadurch soll ein Gutteil der vorgeschossenen Summe abgetragen werden.

Der Haushaltsausschuß dürfte heute abend einiges zu klären haben. Zum Beispiel, ob die Stadt hier nicht in Wirklichkeit Geld zum Fenster rauswirft? Wieviel die Sanierung der alten Zentrale wirklich kostet? Ob wirklich nicht mehr als 37 Millionen Mark für das alte Grundstück zu erzielen sind? Und nicht zuletzt: Ob sich die 60 Stellen wirklich nur im Neubau einsparen lassen? Florian Marten