„Sie schaffen damit 700 AbbrecherInnen“

■ Nachhilfe für Azubis fällt dem Rotstift zum Opfer / Kurse laufen aus, Ersatz ist nicht in Sicht

In zehn Tagen ist Schluß: Dann müssen 60 Auszubildende aus Bremen-Nord und 18 angehende FriseurInnen aus Bremen-Stadt selber sehen, wie sie mit ihren Problemen im Betrieb und der Berufsschule fertig werden. Denn die Nachhilfekurse in Theorie und Praxis, wie sie bei Volkshochschule und Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer als „ausbildungsbegleitende Hilfen“ laufen, enden am 28. Februar. Bis Ende September trifft es weitere 650 Jugendliche, die bei anderen Bremer Trägern ähnliche Kurse besuchen. Denn das Arbeitsamt Bremen hat aus Geldmangel die Ausschreibung für neue „begleitende Hilfen“ gestoppt.

Dabei ist allen Fachleuten klar: Es ist sinnvoll, Jugendliche davor zu bewahren, ihre Lehre abzubrechen. Denn jeder Abbrecher ist ein Ungelernter, und es wäre ungleich teurer, solche Leute später umzuschulen, heißt es. Die Nachfrage der Berufsschulen sei stark steigend. Aber: „Wir stehen unter starkem Finanzdiktat“, sagt Bremens Arbeitsamtsdirektor Christian Hawel. „Wir haben im Moment nur Geld, die schon abgeschlossenen Verträge mit den Bildungsträgern zu finanzieren.“

Problematisch sei zudem, daß aus dem gleichen, für Bremen von 15 auf 13 Millionen Mark gekürzten Finanzierungstopf 40 c der Bundesanstalt für Arbeit auch die überbetriebliche Ausbildung bezahlt wird. Und diese legte bisher zu: 409 Jugendliche lernen einen Beruf bei einem überbetrieblichen Bildungsträger, im Vorjahr waren es noch 367. Hawel will auch weiterhin lieber chancenlosen Bewerbern solche Plätze sichern als Azubis begleitende Hilfen anzubieten. Aber auch für ersteres fehlt das Geld. Der Verbund gegen Jugendberufsnot befürchtet, daß die Zahl der neuangetretenen überbetrieblichen Ausbildungen von 184 auf nur noch 18 reduziert werden könnte.

„Das ist eine traurige Situation“, sagt Hawel. Man sei aber auf der Suche nach weiteren Finanzquellen, um dann vielleicht auch die begleitenden Förderkurse zu erhalten. Die Bildungsbehörde winkte jedoch schon ab, obwohl die ausbildungsbegleitenden Hilfen vor allem Defizite der Schulen und Berufsschulen ausgleichen. Ein Konzept, wie die Berufsschulen mit eigenen Ressourcen helfen könnten, gibt es nach Auskunft einer Sprecherin noch nicht.

Wenn nichts geschieht, droht als nächstes weiteren 275 Jugendlichen zum 31. März das Aus der Förderkurse beim Arbeiter-Bildungs-Centrum (ABC) und der Wirtschafts- und Sozialakademie. Vier bis sechs Wochenstunden, so ABC-Geschäftsbereichsleiter Frank Grönegreß, bemühten sich Lehrer und Sozialpädagogen gemeinsam, die meist theoretischen Wissenslücken der Jugendlichen zu stopfen und gleichzeitig die Lebenssituation zu stabilisieren. Die Jugendlichen würden meist von den Berufsschullehrern geschickt oder von den eigenen Sozialpädagogen angesprochen. Auf 80 Prozent schätzt Grönegreß die Erfolgsquote von Eleven, die mit der Förderung ihren Abschluß schaffen. Horst Rippien von der Volkshochschule ist denn auch vom Ende für die begleitenden Hilfen wie „mit der Keule getroffen“. „Damit schafft man 700 Ausbildungs-Abbrecher, die ohne Hilfe ihre Prüfungen nicht schafften“, warnt Rippien. Selbst wenn es noch eine Förderung für die ganz schwierigen Jugendlichen geben sollte, sieht Reppien schweren Schaden, wenn das Netzwerk zwischen Bildungsträgern, Ausbildungsbetrieben und Berufsschulen zerrissen wird. jof