"Mit Vorsatz oder Naivität"

■ Bezirksbürgermeister Uwe Klett (PDS) wirft der Polizei Versagen beim Einsatz wegen der Jungen Nationalen vor. Polizei informierte Veranstalter von Gegendemo nur dürftig

Die CDU hat den Hellersdorfer Bezirksbürgermeister Uwe Klett (PDS) zum Prügelknaben für die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Linken, Rechten und der Polizei am Samstag auserkoren. CDU-Hardliner Dieter Hapel forderte gestern Kletts Rücktritt.

taz: Wie haben sich die Vorfälle aus Ihrer Sicht abgespielt?

Uwe Klett: Nach Abschluß der Kundgebung in der Brodauer Straße gegen 13 Uhr bin ich wie viele andere Demonstranten friedlich zum S-Bahnhof Wuhletal gegangen, weil es Gerüchte gab, daß sich dort wider Erwarten und entgegen der Auskunft der Polizei doch Neonazis versammeln. Als ich ankam, hatten die Auseinandersetzungen auf dem Bahnsteig schon begonnen. Ich hätte gerne deeskalierend gewirkt, aber der Einsatzleiter war erst nach einer halben Stunde vor Ort.

Was kritisieren Sie am Vorgehen der Beamten?

Die Polizei wußte seit Donnerstag, daß Antifa-Gruppen um 12 Uhr 30 den S-Bahnhof Wuhletal besetzen wollten. Die Demonstranten auf dem Bahnsteig gehörten nicht zu denen, die an der Kundgebung teilgenommen hatten. Die waren vorher da. Auch die Polizei war von Anfang an massiv da. Sie hätte dafür sorgen müssen, daß Linke und Rechte nicht aneinandergeraten. Beide Gruppen kamen mit S- und U-Bahn. Die Beamten hätten schon in den Zügen kontrollieren können. Die sollen nicht so tun, als wären sie unvorbereitet gewesen. Die Polizei ist entweder mit Vorsatz oder mit Naivität vorgegangen.

Im Vorfeld gab es widersprüchliche Informationen: Per Info-Telefon rief die JN am Freitag noch zu einer Kundgebung auf, gegenüber dem Innensenator hatte sie sich bereit erklärt, diese abzublasen.

Das war immer nur ein Gerücht. Die Innenverwaltung konnte mir am Freitag nicht eindeutig sagen, ob die ihren Antrag zurückgezogen haben. Auch die Polizei hat nicht durchblicken lassen, daß sie ganz andere Informationen hatte. Wenn man mit Leuten, die friedlich demonstrieren wollen, so ein Versteckspiel macht, muß man sich nicht wundern, daß alles gegen den Baum läuft.

CDU-Fraktionschef Landowsky wirft Ihnen vor, daß Sie dazu aufgerufen haben, die Veranstaltung der JN zu verhindern.

Ich habe nicht zu Gewalt aufgerufen. Dafür gibt es genügend Zeugen. Der Innensenator wird große Probleme haben, mir das nachzuweisen.

Sie wollen jetzt mit der zuständigen Polizeidirektion sprechen.

Die Polizei ist an einem Gespräch interessiert. Ein Termin steht aber noch nicht fest. Interview: Dorothee Winden