■ Italien will das Ausländerrecht verbessern – auch für Illegale
: Ein Schritt in die richtige Richtung

Ausgerechnet Italien: 1990 hatte es mit dem berüchtigten „Martelli-Gesetz“, benannt nach dem damaligen sozialistischen Justizminister, den Reigen immigrationsfeindlicher Regelungen in Europa eröffnet. Nun hat dieses Land einen Regierungsentwurf vorliegen, der aufgrund präziser Zuzugsquoten zwar sicher nicht alle Hoffnungen von Millionen Menschen in Drittweltländern erfüllt, aber in die richtige Richtung weist. Denn der Entwurf wertet immerhin die Situation der bereits im Lande lebenden Menschen – auch jener, die illegal zugezogen sind – so auf, daß sie aus dem Status von Bürgern zweiter Klasse befreit werden. Vor allem das Nachholrecht für Familienangehörige, das kommunale Wahlrecht und der Zugang zu allen Benefizien des Sozial- und Gesundheitssystems wären große Errungenschaften – sofern das Gesetz durchkommt.

Widerstand wird sich formieren, so sehr man sich über den Entwurf der Mitte-links-Koalition auch freuen mag. Denn Italien vollzieht derzeit eine schwierige Gratwanderung zwischen Europa-Enthusiasmus und Verzagtheit. Letztere kann leicht in eine Abkehr von Europa und eine Einigelung umschlagen – und darauf arbeitet die Rechte beharrlich hin. Daß die Freundlichkeit der Regierung gegenüber Migranten, insbesondere den vielen Farbigen, die Rassisten und Chauvinisten von der Nationalen Allianz und der Liga Nord mobilisieren wird, ist zu erwarten; sie schüren bereits kräftig Ängste vor einer „Degradierung der Italiener zu Bürgern zweiter Klasse“.

Die italienische Regierung muß sich zusätzlich darauf einstellen, daß andere europäische Länder protestieren werden. Denn schließlich würden die Migranten mit ihren italienischen auch europäische Rechte miterwerben. Sprich: Wer einmal in Italien ist, kann angesichts geöffneter Grenzen natürlich auch in alle anderen Ländern der EU reisen. Verstärkt sich deshalb der Druck aus den anderen EU-Staaten gegen den italienischen Regierungsentwurf, werden mit Sicherheit Abgeordnete aus den Reihen der Koalition abspringen – was den Gesetzentwurf zu Fall brächte. Eine große Chance wäre damit vertan.

Helfen kann in diesem Fall nur der Druck von den Bürgern der übrigen EU-Staaten auf ihre Regierungen, ebenfalls solch liberale Gesetze zu verabschieden. Nur so läßt sich der Druck, der auch aus unseren Landen gegen diesen Gesetzentwurf ausgeübt werden wird, neutralisieren. Werner Raith