Die Legende bläst

■ „Pico. Das Star-Club Musical“ wird ab April im Delphi-Theater uraufgeführt

Eigentlich ist es verwunderlich, daß erst im Jahre 11 nach Cats in der selbsternannten „Musical-Hauptstadt Hamburg“ jemand auf die Idee kommt, ein Musiktheater-Stück über den größten musikalischen Mythos dieser Stadt auf die Bühne zu bringen. Es mußte erst ein Musikredakteur aus Reutlingen als Autor und Komponist tätig werden und seine alten Freunde von den Rattles anhauen, damit ab dem 19. April bis vorerst Sylvester täglich Das Star-Club Musical über die Bühne gehen kann.

Nicht in der Großen Freiheit, sondern im Delphie Musik-Theater in der Eimsbüttler Chaussee probt seit zwei Wochen die junge, in Salzburg ausgebildete Regisseurin Judith Behrens mit einem 18köpfigen Ensemble Daddes Gaisers Musical Pico. Pico alias Salvatore Martens war von der Eröffnungsshow mit den Beatles am 13. April 1962 bis zur bitteren letzten Nacht Sylvester 1969 Mädchen für Alles und Pausenclown im legendären Star-Club. Dieses „Faktotum von St. Pauli“ habe ihn schon lange fasziniert, so Gaiser, „weil Pico bewiesen hat, daß man auf dem Kiez kein Held der Norm sein muß, um Kult-Status zu erlangen“.

Anstoß zum Schreiben gab ein kurzer Dialog auf St. Pauli. „Was macht eigentlich Pico heute?“ „Hat sich seinen alten Traum erfüllt, ist Musiker.“ „Was?! Wo?“ „Ist Bläser auf den Schienen der Bundesbahn.“ Ein Mann, ein Schicksal. Pico beginnt in den neunziger Jahren mit dem Bahnarbeiter, springt dann ins Trümmer-Hamburg von 1945 und erzählt im folgenden chronologisch die Geschichte dieses Mannes, der als Kind mit seiner Mutter in der Herbertstraße lebte, als Jugendlicher mit dem Mofa Essen für die Nutten ausfuhr und bis heute auf St. Pauli lebt.

Alte Wochenschaun, Hits der Sechziger und 15 neue Songs sollen der Geschichte die richtige Mischung aus Nostalgie und Drive verpassen. Dafür verpflichtete man die Rattles, wichtigste deutsche Beat-Band jener Jahre, Volkan Baydar als Pico und Isabel Varell als seine Liebste Conny. Die Produktionskosten belaufen sich bis dato auf 1,5 Millionen Mark. ck