Interview: Olaf Scholz
: Kommunale Courtage

■ Wg. Bavaria: Altonas SPD-Chef will die Stadt an Spekulationen verdienen lassen

taz: Ohne Jobs keine Änderung des Baurechts – das von Brau und Brunnen verkaufte Elbschlößchen-Gelände ist als politisches Druckmittel in Sachen Bavaria ein Glücksfall. Wie wollen Sie künftig Immobilien-Spekulation unterbinden?

Olaf Scholz: So ganz läßt sich das wohl nicht vermeiden. Unternehmen, die sich mit Abwanderungsgedanken tragen, werden sich daran gewöhnen müssen, daß wir ihnen die Firmenverlagerung nicht auch noch finanzieren. Wir jedenfalls haben uns sehr empört, daß Essig Kühne aus Altona weg will. Ich habe große Zweifel, ob die derzeitige Ausweisung als Industrie- und Gewerbegebiet für das Kühne-Gelände geändert werden soll.

Und dann stehen Sie in ein paar Jahren mit Industriebrachen in der Innenstadt da, für die sich kein Käufer findet...

Das glaube ich nicht. Es ist nur so, daß die Gewinne eines Grundstücksverkaufs, die schlicht über eine baurechtliche Änderung erzielt werden, derzeit sehr ungerecht verteilt sind. Ein Bauer, der eine Wiese besitzt, würde für den Quadratmeter normalerweise 20 oder 30 Mark kriegen. Jetzt ändert die Stadt das Planrecht – sagen wir mal, der Acker darf plötzlich mit Wohnungen bebaut werden – und schwups klettert der Quadratmeterpreis auf bis zu 1000 Mark. Der Bauer kassiert die komplette Wertsteigerung seines Grundstücks, obwohl er nur verkauft. Das ist ungerecht, und das muß sich ändern, denn schließlich hat einzig die Stadt hier eine Leistung erbracht.

Welcher Immobilienverkäufer würde denn freiwillig was von seinem Geschäftsgewinn abgeben?

Eben. Nötig ist deshalb ein Gesetz, das die Stadt oder das Land grundsätzlich am Planungs-gewinn beteiligt. Von der Wertsteigerung soll nicht nur der Investor profitieren. Denkbar wäre, der Kommune ein Viertel bis die Hälfte des Gewinns zu übereignen. Jährlich könnten so Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe ins Hamburger Stadtsäckel fließen. Das Geld könnte dann in Infrastruktur und andere öffentliche Projekte investiert werden.

Wenn Hamburg das durchsetzt, suchen sich sämtliche Investoren nur noch Grundstücke außerhalb der Stadtgrenzen.

Selbstverständlich muß dieses Problem bundesweit einheitlich gelöst werden. Ich hoffe, daß die SPD 1998 ein entsprechendes Gesetz wird verabschieden können. Fragen: Heike Haarhoff