Es geht dem Kreisel an den Kragen

■ Ein Wunder: Eine Doppelkreuzung ersetzt den unfallträchtigen Ihlpohler Kreisverkehr genauso gut wie ein teurer „Fly-Over“

Für die Franzosen ist er ein Stück nationale Identität, die Berliner umrunden auf ihm ihre großen Plätze. In Bremen verwirrt er offenbar die Autofahrer eher, weshalb sie in seiner Nähe gerne auf die nächste Stoßstange auffahren: Die Rede ist vom Kreisverkehr, vulgo auch Kreisel genannt. Einem mit seiner Ei-Form nicht besonders gelungenen Exemplar dieser Gattung hat jetzt das letzte Stündlein geschlagen. Der Ihlpohler Kreisel, berüchtigtes Nadelör für mehr als 50.000 Autos täglich auf dem Weg von und nach Bremen-Nord, wird bis 1999 zur Doppelkreuzung umgebaut.

Das kostet laut Bausenator Bernt Schulte (CDU) zehn Millionen Mark, davon zahlt Bremen zwei bis drei, der Rest kommt aus Niedersachsen und Bonn. Die Verkehrsplaner aus der Baubehörde und dem zur Innenbehörde gehörenden Stadtamt haben in Gemeinschaftsarbeit das Wunder vollbracht, die sechs Zu- und Abfahrten funktionstüchtig zusammenzuknoten. Verblüfft zeigten sich darob die Politiker wie Schulte, sein CDU-Parteifreund und Fraktionsvize Helmut Pflugradt und die SPD-Baupolitikerin Waltraud Hammerström.

Schließlich hatte man jahrelang überlegt, wie man sich des von Schulte mit höchster Priorität belegten Verkehrsproblems Ihlpohler Kreisel entledigen könnte. Jetzt versprechen die Techniker dank rechnergesteuerter, an den Verkehrsströmen orientierten Ampelschaltungen freiere Bahn als heutzutage. Dreispuriges Linksabbiegen von der A 27 in die B 74 Richtung Vegesack und zweispuriges Abbiegen in der Gegenrichtung sollen möglich sein.

Die KfZ-Innung wird's ärgern: Denn damit wird der Bremer Unfallschwerpunkt entschärft. Jeden zweiten Tag kracht es hier, wenn Autolenker panische Blicke auf in der Ferne des Kreisels herannahende Fahrzeuge richten, anstatt auf den Abstand zum Vorderauto zu achten. Und dann ist der Weg nach Bremen-Nord quasi blockiert.

Vor zwei Jahren reifte darum in den Köpfen von Planern wie Thomas Wunderlich vom Stadtamt die revolutionäre Idee: Doppelkreuzung. Denn alles herumdoktern am Kreisel versprach keine Abhilfe. Die CDU hatte deshalb seit langem gefordert, den Knoten mit einer Hochstraße, einem Fly-Over, zu überfliegen. Schultes Beamte rechneten nach: 60-70 Millionen teuer käme ein Fly-Over. Da Schulte aber von Bonn auch noch Geld für den Bau der Autobahn 281 in der Neustadt haben will, mußte er hier abwägen und befand: „Zu teuer“. Außerdem würde die Planung zu lange dauern, und unterdessen würden weiterhin teure Automobile bei der Kreisel-Fahrt beschädigt. Mit dem neuen Plan ist auch die CDU-Fraktion zufrieden: „Wir haben uns überzeugen lassen“, sagt Pflugradt.

Die neue Doppelkreuzung paßt ziemlich genau auf die Fläche des ausladenden Kreisels unter der Autobahn. Das bedeutet kurze Planungszeiten. Angepeilter Baubeginn: 1998.

Mit einer weiteren Aktion will der in letzter Zeit von der CDU-Autofraktion heftig gescholtene Bausenator den Stau zwischen Bremen-Nord und Bremen-Stadt auflösen. Weil der sechsspurige Ausbau der A 27 noch einen langen Planungsvorlauf braucht, werden jetzt die Standspuren zu dritten Fahrstreifen ausgebaut. Beginnen will Schulte an einem 600-Meter langen Teilstück Richtung Süden vor der Ausfahrt Freihäfen, wo die Autos ins Stadt-Zentrum abfahren. „Da muß der Druck raus“, befand der Senator und will 900.000 Mark aus den Autobahn-Unterhaltungsmitteln für die Notspur lockermachen. Sukzessive sollen dann auf der gesamten Strecke die Standspuren freigegeben werden. Das Bundesverkehrsministerium signalisierte dafür grünes Licht.

Joachim Fahrun