Peinliche Pflichtübung gegen Stadtwerke

■ Bremer Senat will im Aufsichtsrat neu über das Heizgeräte-Projekt abstimmen lassen

Die Gründung der Heizgeräte-Tochter (GfV) der Stadtwerke darf „nur einvernehmlich mit dem Heizungs- und Sanitärhandwerk erfolgen“. Dies beschloß der Bremer Senat gestern auf seiner Sitzung mit sechs zu eins Stimmen. Zusätzlich heißt es, daß die Bremer Handwerker gesellschaftsrechtlich an der GfV beteiligt werden sollen. Dafür müssen die fünf Senatsvertreter in der Aufsichtsratssitzung der Stadtwerke Montag stimmen.

Bei der Umsetzung des Senatsbeschlusses gibt es aber mehrere Probleme: Die GfV wurde bereits im November gegründet. Und: Die Handwerker haben sich klar gegen eine Beteiligung ausgesprochen. Dazu SPD-Fraktions-Chef Christian Weber: „Es handelt sich um eine peinliche Pflichtübung der CDU, die obendrein von SPD-Senatoren mitgetragen wird. Mir fehlt jede Erklärung.“

Zumal die Abstimmung im Aufsichtsrat am Montag ohnehin als Nullnummer ausgehen wird. Von den zwanzig Aufsichtsratsmitgliedern wollen die zehn Arbeitnehmervertreter für die Beibehaltung der Heizgeräte-Tochter stimmen. Auch bei den drei weiteren Aktionären gilt dies als sicher. Resultat: 15:5 gegen den Bremer Senat.

Zurück zur „peinlichen Pflichtübung“. SPD-Fraktionschef Weber meint damit das Engagement der beiden Heizgeräte-Großhändler und CDU-Eminenzen Bernd Hockemeyer und Uwe Hollweg. Die beiden üben Druck aus die CDU aus. Grund: Die Stadtwerke wickeln ihren Heizgeräte-Service ohne Großhändler ab. SPD-Fraktionschef Weber: „Das ging so weit, daß die CDU mit dem Koalitionsausschuß gedroht hat. Das wäre mir ziemlich egal gewesen. Schließlich hätte man dann nur von einer Provinzposse sprechen können. Warum unsere Senatoren jetzt so gestimmt haben, ist mir ein völliges Rätsel.“

Zumal sich die Senatsvertreter nur selber schaden können. Laut Stadtwerke-Vorsitzendem Gerhard Jochum widerspricht der Senatsbeschluß „krass dem Aktienrecht. Ein Aufsichtsrat darf sich nicht gegen die Interessen der eigenen Aktiengesellschaft wenden“, wettert Jochum. Und: Laut Textziffer 117 der „Hinweise für die Verwaltung von Beteiligungen Bremens“ von 1992 gilt folgendes: „Strafbar macht sich ein Aufsichtsratsmitglied namentlich, wenn es zum Nachteil der Gesellschaft handelt.“

Aus dem Senat selbst wollte sich heute keiner so recht zu dem Vorfall äußern. Holger Bruns-Kösters, Sprecher von Umweltsenatorin Wischer, sagte nur: „Die Umweltsenatorin hat gegen den Beschluß gestimmt. Sie will das Thema nicht weiter kommentieren.“ Thomas Diehl, Sprecher von Finanzsenator Nölle, sagte: „Zu dem heutigen Beschluß gibt es nichts zu kommentieren. Warten wir den Beschluß des Aufsichtsrates am Montag ab.“

Bleiben die Aussagen von Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) von Montag. Da hieß es, daß durch das zu erwartende Monopol der Stadtwerke auf dem Heizgerätemarkt bei 300 Bremer Firmen 4.000 Arbeitzsplätze gefährdet wären. Stadtwerke-Chef Jochum kontert: „Den Handwerkern steht offen, 50 Prozent der Tochter zu übernehmen. Mir ist rätselhaft, warum sie das ablehnen, obwohl es doch ein tolles Geschäft sein muß, wenn es die Firmen bedroht.“ Jochum will nicht ausschließen, daß dies daher rührt, daß besagte Bremer Großhändler Druck machen.

So auch auf die Heizungsgeräte-Industrie. Der taz liegt ein Schreiben deren Bundesverbandes vor, nach dem die Geräteindustrie dem Stadtwerkeprojekt „ablehnend“ gegenübersteht.

Jens Tittmann