■ Vorschlag
: Groteske frei nach Arrabal, Brecht und Chaplin im ACUD

Soldat Zappo (Dirk Eggstein) ist im Krieg. Einsam hält er in seinem knallroten Overall mit dem lustig gemeinten, ebenso quietscheroten Hütchen auf dem Kopf die Stellung: vier bunt angemalte Kisten sind sein Schützengraben und sein Lager. Nicht viel los an der Front. Bis die Eltern zu Besuch kommen, zum „Picknick im Felde“. Vater in Generalsuniform läßt erst einmal strammstehen, Mutter (Birgit Reibel) haust in einer rollenden Puppenhauskiste und reckt nur hin und wieder, wie Winnie in Becketts „Glückliche Tage“, den Kopf aus ihrem Kuschelkäfig.

Fernando Arrabals inzwischen vier Jahrzehnte alter und immer wieder gern gespielter Bühnenerstling haben Regisseur Andreas Roos und sein Dramaturg Herwig Engelmann als Versatzteillager genommen und mit Brechts Lehrstück von den Rundköpfen und den Spitzköpfen angereichert. Von Charlie Chaplin hat sich Chris Urwyler als schneidiger und ständig kasernenhoftönender Vater den „Großen Diktator“ zum Vorbild genommen. Arrabals Groteske ist so einleuchtend und einfach in der Moral wie Brecht (daß nämlich die Ursachen des Kriegs in der Eroberungsphantasie der Herrschenden und den propagandistischen Lügen der Generäle liegt), nur eben komischer, weil absurder. Leider liefert die Textmixtur aus Brecht, Chaplin und Arrabal zu „Das räuspert sich Volk“ auch nicht mehr Erkenntnisgewinn, als es „Picknick im Felde“ pur gemacht hätte. Frauen taugen nur als Gebärmaschinen für künftige Kriege und sind dem Manne untertan: diese ergänzende Message bleibt Parole. Der Rest ist ein sichtbares Bemühen um ein formensprengendes Bühnenkonzept, viel Bunt, viel Gebrüll, viele weit aufgerissene Augen. Wo andernorts die Vereinfachung zum Parabelhaften einen Sinn machen könnte, gerät sie hier jedoch meist zur Kinderei. Die letzten Handlungsrudimente, die dem Zuschauer wenigstens ein Stück Handreichung durch die immer konfuser werdende Aktion sein könnten, verlieren sich bald ganz. Die eigentlich kurze Stunde Spiel wird so zu einer eher langatmigen Veranstaltung.

„Das räuspert sich Volk“ ist die erste eigene Ensemblearbeit des ACUD-Theaters neben dem bereits laufenden Kindertheaterprogramm. Werfel, Giraudoux, Vian und Melville sollen demnächst Ausgangspunkte für ein „politisches Theater ohne Belehrung, mit den Mitteln der Groteske anstatt jenen der aufklärerischen oder ,dokumentarischen' Doktrin“ werden. Das sind große, verheißungsvolle Worte. Mit der ersten Produktion in dieser Reihe wurden sie allerdings noch nicht eingelöst. Axel Schock

Termine: 21.-23., 28. 2., 1./2./7.-9./14.-16.3., 20 Uhr im ACUD Theater, Veteranenstraße 21, Mitte