Sekretärinnen in Leder

Biertrinken, Schlammcatchen und Frauen liebhaben – Jeff B. Harmons Film „Isle of Lesbos“ (Panorama) ist ein Traum in Pfirsich und Pink  ■ Von Harald Fricke

Vor zehn Jahren ist Jeff B. Harmon eine „schelmische Elfe“ auf der Straße begegnet und hat zu ihm gesagt: „Mach diesen Film!“ Damals war der Filmemacher allerdings noch Kriegsberichterstatter in Afghanistan und von einer lesbischen Operette vermutlich sehr weit entfernt. Aber irgendwie passen die Elemente aus „Isle of Lesbos“ doch zur Vita des Amerikaners: Stets geht es um Homohaß als Vater aller Kriege.

Im Städtchen Bumfuck leben 5.000 Kühe, 10.000 Schweine und ein Pferd mit 300 Rednecks zusammen. Man glaubt an die Bibel, verehrt die Clintons und hat für Minderheiten keinen Platz. Die Menschen machen nur dann Liebe, wenn Nachwuchs gebraucht wird, denn so will es die Bibel. Natürlich gibt es auch einige schwarze Schafe in der frommen Gemeinde, oder anders gesagt: Eigentlich sind hier alle schwul, lesbisch oder wenigstens begeisterte S/M-Anhänger. Selbst der Christus am Kreuz sieht wie ein lila Warhol-Siebdruck aus.

Harmon inszeniert sein Märchen als Remake von „Wizard of Oz“: Weil April Pfefferpot einen feisten Fleischberg namens Dick Dickson nicht ehelichen will, bläst sie sich mit einem Revolver eine Kugel in den Kopf und hinfort nach Lesbos. Dort regiert das strenge Regiment der Dyke- Queens, die zu ihren Lebzeiten auf Erden unterdrückt wurden. Ein Traum in Pfirsich und Pink, bei dem seltsame Wurst-BHs getragen werden und so lustige Texte gesungen werden wie „Arkansas is not the place to sit on a pretty face“.

Nebenbei bleibt alles ethnospezifisch korrekt und also beim alten – asiatische Bräute gleichen Suzy Wong, die schwarze Hohepriesterin singt nun queere Gospelsongs. Und April wechselt ihr Sekretärinnenkostüm eben gegen Sekretärinnen-Leder aus.

Alles fügt sich in der Spiegelwelt zur ordentlichen Gegen-Ordnung und ändert damit eigentlich gar nichts. Deshalb ist es auch so kompatibel: Nun haben halt gleichgeschlechtliche Beziehungen die Oberhand, was dem gleichgeschlechtlichen Publikum sehr gefällt und den anderen nicht weiter wehtut.

Über den Vergleich von Schwulenverfolgung und „Schindlers Liste“ lachen heute alle, und als Lesbos im Atomkrieg vernichtet werden soll, springt ein hübscher schwarzer Tänzer aus der Bombe – denn das Militär ist ebenfalls homosexuell. Trotz dieser ein wenig ermüdenden Umkehrungssatire sind die Lieder recht schmissig, die Kostüme haben Pfiff und der Regisseur ist eitel genug, um in Mel- Brooks-Manier prompt zwei Rollen zu übernehmen. Als Psychoanalytiker lispelt er freudianisch, als bärtiger Farmer darf er sich zum Schluß von seiner Gattin peitschen lassen oder an alten Schlüpfern riechen. „Bad Taste, that's what living is all about“, hat schon John Waters über seine Filme gesagt. Harmon ist nach fast 15 Jahren Kriegsreportagen zur gleichen Erkenntnis gekommen.

„Isle of Lesbos“. USA 1996, 98 Min. Regie: Jeffrey B. Harmon. Mit Kirsten Holly Smith u.a.

20.2.: 15 Uhr Arsenal