Neues Massaker in Algerien fordert 33 Tote

■ Dorfbewohner holen Militärs gegen angreifendes Islamistenkommando zur Hilfe

Madrid (taz) – Erstmals seit dem Ende des Fastenmonats Ramadan vor einer Woche kehren in Algerien die Schlächtereien im Namen des „Heiligen Krieges“ zurück. Die in der Hauptstadt Algier erscheinende Tageszeitung El Watan berichtete gestern von einem grausamen Massaker in Kerrach, einem kleinen Bergdorf nahe der Garnisonsstadt Blida, nur 50 Kilometer südlich von Algier. Eine Region, die das Militär in den letzten Tagen in einer sogenannten „Säuberungsaktion“ gegen Islamisten von Hubschraubern aus bombardiert hatte.

30 bis 50 mit Gewehren, Äxten und Messern bewaffnete Männer drangen laut dem Zeitungsbericht in der Nacht zum Montag von verschiedenen Seiten in das Dorf ein. In nur 15 Minuten erledigten sie ihr blutiges Handwerk: Sie steckten die Häuser in Brand und enthaupteten die panisch flüchtenden Einwohner. 33 Tote ließ das Kommando zurück. Die Zahl der Opfer wäre noch höher ausgefallen, wäre es nicht einem der Bewohner gelungen, das in der Nähe stationierte Militär zu verständigen, berichteten die Überlebenden. Die Soldaten hätten sich ein zehnminütiges Feuergefecht mit dem Kommando geliefert, bei dem mindestens acht Islamisten gefallen seien. Die Gegend um Blida gehört seit Beginn des Machtkampfes zwischen Militär und Islamisten nach dem Verbot der Islamischen Heilsfront (FIS) vor fünf Jahren zu den am heißesten umkämpften Regionen des Landes. Die Zivilbevölkerung wird dabei immer öfter zum Opfer von Strafexpeditionen der einen oder der anderen Seite.

Vergangenen November fand nur wenige Kilometer von Kerrach entfernt, in Sidi al-Kebir, ein ähnliches Massaker statt, bei dem 31 Menschen ums Leben kamen. Viele Bewohner der Bergregion verließen bereits damals die Gegend und campieren seither vor den Toren Blidas.

Laut der Tageszeitung Liberté, will die Regierung im Vorfeld der für Frühsommer vorgesehenen Parlamentswahlen in ihrem Kampf gegen die Islamisten noch einen Schritt weitergehen und Belohnungen zwischen 20.000 und 90.000 US-Dollar für Hinweise auf bewaffnete Islamisten zahlen. Reiner Wandler

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