Mißverstandener Dämon

■ Wolfgang Krassnitzer inszeniert mit aufklärerischem Geist Karl Schönherrs populäres Dreiecksdrama Der Weibsteufel im Theater im Zimmer

Dreiecksgeschichten gehen meist tragisch aus. Die Story vom Weibsteufel macht da keine Ausnahme. Die Protagonisten sind in diesem Fall ein Schmuggler, sein „Weib“ und ein Grenzjäger. Die Frau soll den Grenzgänger bezirzen, damit der ihren Mann in Ruhe seinem Broterwerb nachgehen läßt. Widerwillig beginnt sie, die Ehebrecherin zu mimen, aber schon bald gefällt ihr die Aufgabe mehr, als sie es sollte.

Der Bursche ist jung, gesund und der Affäre überdies nicht abgeneigt. Sie ahnt nicht, daß auch er im höheren Auftrag handelt: Sein Boß, der Kommandant, hofft, mit Hilfe der Frau den Schmuggler überführen zu können. Als die Frau durchschaut, daß sie von den Männern aus niederen Motiven benutzt wird, übernimmt sie die Initiative. Sie inszeniert eine gefährliche Intrige, in der die beiden ungleichen Kontrahenten gegeneinander ausgespielt werden – und die in einer Katastrophe endet.

Vordergründig sei die Geschichte ein Drei-Groschen-Roman, sagt Regisseur Wolfgang Krassnitzer. Dahinter verbergen sich aber präzise gezeichnete, psychologisch tief erfaßte Charaktere und eine Handlung voller emotioneller Hochspannung, die in einem abstrakten Rahmen ohne Manierismen inszeniert wurde. Es geht um das In-Frage-Stellen von Klischees: das scheinbar dumme, brünstig-geile Weib, das in einem bewußten Emanzipationsakt die Rolle überwindet, in die sie von der Gesellschaft hineingedrängt worden ist. Der gerissene Schmuggler, der sich in Wahrheit nur einbildet, klug zu sein. Der Nachwuchs-Casanova, der bloß ein Macho und viel zu mutlos ist, um die Frau in ihrem Befreiungsakt zu unterstützen.

Die konventionelle Interpretation des Weibes als Dämon, das die Männer ins Unglück stürzt, sei natürlich überholt, erklärt Krassnitzer. Die richtige Lesart müsse den aufklärerischen Geist begreifen, von dem Karl Schönherrs Weibsteufel getragen wird. Der Österreicher (1867-1943) litt zeitlebens unter dem Image, ein Schwank-Autor zu sein, weil seine Stücke im ländlichen Milieu spielen, im österreichischen Dialekt geschrieben sind und deshalb dem Bauerntheater nahe scheinen. Schönherr, der Schriftsteller und praktizierender Arzt zugleich war, analysiere aber seine Personen so genau, als würde er sie medizinisch untersuchen. Sein Dreiecks-Drama sei Strindberg näher als Ganghofer. Das Stück, in der Vorkriegszeit ein Kassenschlager, erfährt gegenwärtig eine Renaissance, die sich so recht niemand erklären kann. Vielleicht müssen Dreiecksgeschichten von Zeit zu Zeit neu gelesen werden.

Barbora Paluskova

Premiere: Do, 20. Februar, 20 Uhr, Theater im Zimmer