Das Portrait
: Abgang eines Auschwitz-Leugners

■ Thies Christophersen

Der Wirbel, der in diesen Tagen um ihn gemacht wird, dürfte Thies Christophersen gefallen haben. Noch als Toter wird der Gesinnungstäter, der jahrzehntelang mit übelsten antisemitischen Schriften die neonazistische Szene versorgte, zum Politikum. Helle Aufregung herrscht im beschaulichen Flensburg, das die für heute vorgesehene Trauerfeier der Familie kurzerhand absagte – aus Furcht vor einem Aufmarsch der rechtsextremen Szene.

Bekannt wurde der vergangene Woche im Alter von 79 Jahren in Kiel verstorbene Christophersen durch sein (verbotenes) Buch „Die Auschwitz-Lüge“.

100.000mal soll das Machwerk, in dem die Ermordung von sechs Millionen Juden geleugnet wird, verkauft worden sein – seit dem Verbot 1980 vor allem über konspirative neonazistische Vertriebswege. Der ehemalige SS-Mann war nach Erkenntnissen des österreichischen Nazijägers Simon Wiesenthal als Sonderführer 1944/45 in Auschwitz und beaufsichtigte dort eine „Forschungsanstalt“ über 200 weibliche sowjetische Häftlinge. Leugner Christophersen leugnete auch dies: Er habe in Auschwitz lediglich Kautschukpflanzen gezüchtet.

Bei der Nachricht seines Todes dürften deutsche und dänische Justizbehörden insgeheim aufgeatmet haben. Nachdem deutsche Strafverfolger gegen ihn einen Haftbefehl wegen Volksverhetzung und Leugnung der Auschwitz-Morde ausgestellt hatten, setzte er sich 1986 ins dänische 400-Seelennest Kollund ab. Sein Haus diente fortan als Treffpunkt für führende deutsche und internationale Neonazis. Häufiger Gast war unter anderem der US-Amerikaner Gary Lauck, der derzeit in Deutschland eine mehrjährige Haftstrafe wegen der Verbreitung der „Auschwitz- Lüge“ absitzt.

Einem solchen Schicksal entging Christophersen dank der liberalen dänischen Gesetze. Erfolglos bemühten sich deutsche Behörden seit Ende der 80er Jahre um eine Überstellung des Altnazis. Zuletzt verweigerte 1988 das dänische Landgericht Sonderburg seine Auslieferung. Als Christophersen dann doch Anfang dieses Jahres nach Deutschland einreiste, war er bereits ein todkranker Mann. Nach seiner Verhaftung am 31. Januar wurde der Haftbefehl wegen seines schlechten Gesundheitszustandes ausgesetzt. Severin Weiland