Moskau ist interessiert

■ Albright schlägt gemeinsame Brigade von russischen und Nato-Soldaten vor

Moskau/London (AFP) – Rußland hat Interesse an der gemeinsamen Brigade mit der Nato gezeigt, die von US-Außenministerin Madeleine Albright ins Gespräch gebracht wurde. Dieser Vorstoß „ist sehr interessant für uns“, sagte der russische Vizeaußenminister Nikolai Afanassjewski gestern laut der Nachrichtenagentur Interfax. Er hoffe, daß Albright ihre Vorschläge in Moskau präzisieren werde, sagte Afanassjewski. Bislang wisse der Kreml nur aus der Presse davon. Albright wird heute in Moskau erwartet. Sie hatte den Vorschlag am Dienstag bei ihrem Antrittsbesuch im Nato-Hauptquartier in Brüssel gemacht.

Ein hochrangiges Mitglied des russischen Generalstabs, das anonym bleiben wollte, sagte Interfax zufolge, die Einzelheiten einer gemeinsamen Brigade müßten genau definiert werden. Ziel dürfe nicht der Schutz Europas vor „man weiß nicht, wem“ sein. Vielmehr müsse die gemeinsame Einheit friedenserhaltende Maßnahmen als Auftrag erhalten. Modell könnte die Friedenstruppe in Bosnien sein, wurde das Generalstabsmitglied zitiert.

Präsident Boris Jelzin forderte bei Bundesaußenminister Klaus Kinkel in einem Telefongespräch erneut einen bindenden Vertrag der Nato mit Rußland ein. Jelzin sagte Kinkel nach Angaben eines Sprechers am Telefon, der Vertrag zwischen Rußland und der Nato müsse den russischen Sicherheitsbedenken im Hinblick auf die geplante Osterweiterung der Allianz Rechnung tragen.

Kinkel, der gestern mit Ministerpräsident Wiktor Tschernomyrdin und Verteidigungsminister Rodjonow zusammentraf, zeigte laut Itar-Tass Verständnis für die russischen Sorgen wegen der geplanten Aufnahme ehemaliger Ostblockstaaten in die Nato. Er betonte jedoch, die Nato-Osterweiterung sei nicht gegen Rußland gerichtet. Die derzeitigen Verhandlungen mit Moskau müßten zur Unterzeichnung einer Sicherheitscharta zwischen der Nato und Rußland führen. Rußland lehnt die Ostausdehnung der Nato bislang strikt ab.