Eklige Kriechtiere

■ Alma Hoppes Lustspielhaus zeigt die Polit-Komödie „Schwarzkopfsülze“

Die Fleischboutique zartgrün gekachelt, die Wände des Coiffeur-Salons in Pastell-Apricot gehalten – das Interieur von Alma Hoppes neuer Eigenproduktion Schwarzkopfsülze erinnert an jene gediegene Wirtschaftswunder-Ästhetik, die sich vielerorts schadlos in die neunziger Jahre hinübergerettet hat. Und der Mist, mit dem sich Nils Loenicker und Jan-Peter Petersen auf der Bühne umgeben, findet die erwartete Entsprechung in den Texten.

Für die Rahmenhandlung hatten sich die Autoren ein naheliegendes Feindbild gesucht, anders als angekündigt: Statt einer anonymen Bank bedroht Hausbesitzerin Lützkendorf, „reich, aber alt“, zwei mühsam aufrechterhaltene Krämer-Existenzen. Ein Schlachter und ein Friseur buhlen mit kostenlosen Pansen und Lockenwicklern heimlich um ihre Gunst. Eine üppige Erbschaft winkt dem Sieger, dem Verlierer droht mindestens eine saftige Mieterhöhung. Die scheinheilige Zweckfreundschaft wird schnell als gnadenlose Konkurrenzbeziehung entlarvt: Geht es um's Geld, ist sich jeder selbst der Nächste.

Diese Persiflage kleinbürgerlicher Selbstüberschätzung – die Mini-Unternehmer sehen sich natürlich als Vertreter des Mittelstandes – ist eine Polit-Komödie, genauer gesagt: ein Spagat zwischen schlüssiger Handlung und Kabarett-Nummern. Die Konstruktion hat Regisseur Henning Venske relativ symmetrisch angelegt. Loe-nicker und Petersen wechseln sich auf der Bühne ab, jeder hat seine eigenen Kunden, Monologe und Lieder, und manchmal treffen sie sich wieder, um gemeinsam zu singen und herumzuhampeln. Das Ganze ist wohlproportioniert, aber nicht bis in die letzte Falte glattgebügelt.

In den Sketchen überwiegt Sozialsatire: Wenn Loenicker erklärt: „Ich hab nichts gegen Penner, aber gepflegt müssen sie sein“, dann ist es zwar nicht zum Brüllen komisch. Doch die gezielten Spitzen gegen die Mittelstandsneurose, die aus allem Schlechten noch das Beste rauszuziehen in der Lage ist, treffen besser, als es ein Holzhammer vermöchte. Die Stärke der Show offenbart sich aber in den Parts, die ins absurd-phantastische abgleiten: wenn ein Schizophrener seine beiden Köpfe vom Schlachter frisieren läßt; wenn Schlachter und Friseur sich in eklige Kriechtiere verwandeln – dann wird aus der Polit-Komödie ein Stück, das etwas von den tragikomischen Abgründen ahnen läßt, die hinter grünen Kacheln lauern können.

Barbora Paluskova

Nächste Aufführungen am 21.-22. und 25.-28. Februar, 20 Uhr, Alma Hoppes Lustspielhaus