Spanische Fernfahrer sind vorerst gescheitert

■ Streik ergebnislos abgebrochen. Regierung machte keine Zugeständnisse

Madrid (taz) – Spaniens Lkw- Fahrer, die 14 Tage lang das halbe Land lahmgelegt hatten, haben die Kraftprobe mit der Regierung von José Maria Aznar verloren. Das Streikkomitee rief die Lkw-Fahrer für gestern morgen zurück zur Arbeit, ohne ihrer Hauptforderung, der Herabsetzung des Rentenalters von 65 auf 60 Jahre, auch nur einen Schritt näher gekommen zu sein.

In den meisten Firmen, die mangels Lieferungen tagelang ihre Produktion einstellen mußten, sind inzwischen die Bänder wieder angelaufen. Noch liegen keine verläßlichen Zahlen über die durch den Arbeitskampf verursachten wirtschaftlichen Verluste vor, doch dürften sie in die Hunderte von Millionen Mark gehen.

Streikführer José Luis Soldevilla von Fedetrans, der Gewerkschaft, die den Streik begonnen hatte, zeigt sich über die Niederlage verbittert. Noch am Mittwoch früh um drei schien eine Einigung zum Greifen nahe. Mit einem handgeschriebenen Vorschlag des zuständigen Entwicklungsministeriums zog der Streikführer in sein Hotel ab. Am nächsten Morgen kam die kalte Dusche. Der staatliche Verhandlungsführer, Staatssekretär Fernando Cascales, ließ bis zum frühen Abend auf sich warten, und von den nachts zuvor versprochenen 80 Millionen Mark pro Jahr für die neue Rentenregelung wollte er plötzlich nichts mehr wissen.

Mehrere regionale Verbände entzogen daraufhin Fedetrans ihre Unterstützung. Viele der Streikenden – oft Kleinunternehmer mit nur einem Fahrzeug – wollten und konnten die Verdienstausfälle nicht mehr länger hinnehmen.

Die Regierung Aznar hatte von Anfang an auf die Spaltung der Streikfront gesetzt. Anstatt mit dem Streikkomitee verhandelte sie anfänglich mit dem Nationalen Transportkomitee, einer Institution, in der neben Vertretern verschiedener Ministerien vor allem die großen Verbände der Branche den Ton angeben. Nach einer Senkung der Dieselpreise nahmen diese dann auch die Arbeit wieder auf.

Die Gewerkschaft Fedetrans, die das Komitee seit einigen Jahren als wenig repräsentativ boykottiert, hielt anfänglich der Spaltung stand. Der Streik ging weiter, Staatssekretär Cascales mußte Soldevilla empfangen. Doch ein Hinauszögern des Gesprächsprozesses, Polizeieinsätze auf den Landstraßen und eine Propagandawelle, in deren Verlauf die im Baskenland am stärksten verankerte Fedetrans in die Nähe der separatistischen ETA gerückt wurde, führte Aznars Regierung letztendlich zum Sieg in ihrem ersten großen Arbeitskonflikt. Reiner Wandler