Relikte von Preußens Glanz und Gloria

■ Die Stiftung preußischer Kulturgüter soll eine Zersplitterung der preußischen Kulturbesitzes verhindern. Bei den Rechtsextremen steht der Name Preußen hoch im Kurs

Der letzte namhafte Träger der preußischen Pickelhaube war bekanntlich der Polizist Alois Dimpfelmoser, den der Kinderbuchautor Otfried Preußler 1962 auf die mäßig erfolgreiche Jagd nach dem Räuber Hotzenplotz schickte. Danach hatte die Pickelhaube ausgedient.

Geblieben von Preußens Glanz und Gloria ist vor allem Kulturbesitz. Die staatlichen Sammlungen, hauptsächlich verwahrt in Berliner Museen, Bibliotheken und Archiven, fielen teilweise an die Bundesrepublik, teilweise an die DDR. Im Westen drohte aufgrund der Kulturhoheit der einzelnen Bundesländer eine weitere Zersplitterung des Bestandes. Daher wurde 1957 durch ein Bundesgesetz die Stiftung Preußischer Kulturbesitz errichtet. Sie erhielt, wie es im Gesetzestext heißt, die Aufgabe, die preußischen Kulturgüter „für das deutsche Volk zu bewahren, zu pflegen und zu ergänzen (...) und eine Auswertung dieses Kulturbesitzes für die Interessen der Allgemeinheit in Wissenschaft und Bildung und für den Kulturaustausch zwischen den Völkern zu gewährleisten“.

Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten gingen gemäß Einigungsvertrag auch jene Sammlungen in die „vorläufige Trägerschaft“ der Stiftung über, die bis dahin von der DDR verwaltet worden waren. So ist seit 1992 die Staatsbibliothek zu Berlin, hervorgegangen aus der Preußischen Staatsbibliothek, wieder vereinigt. Sie beherbergt heute rund 9,1 Millionen Bände. Zum Bestand der Stiftung gehören außerdem unter anderem die Staatlichen Museen zu Berlin und das Geheime Staatsarchiv, in dem Akten der preußischen Zentralbehörden lagern.

Neben einem umfangreichen Kulturbesitz hinterließ Preußen zahlreiche Immobilien, Grundstücke und Ländereien. Im Westen gingen diese an die Länder, die laut Grundgesetz in Vermögensfragen die Rechtsnachfolger Preußens sind. Um die östliche Erbmasse entbrannte nach der Vereinigung ein Streit zwischen dem Bund und den neuen Ländern sowie Berlin, da laut Einigungsvertrag die Nutzung vor der Vereinigung für die zukünftigen Besitzverhältnisse ausschlaggebend ist.

Weil in der DDR die meisten Bauten und Grundstücke Staatsbesitz waren, wären die neuen Länder fast leer ausgegangen. Schließlich erhielten sie die land- und forstwirtschaftlichen Flächen, die sonstigen Vermögenswerte wurden durch einen Pauschalbetrag abgegolten, der auf die Länder verteilt wurde.

Gibt es neben dem materiellen Erbe Preußens auch ein mentales oder ideelles? Hat die „Entpreußung“ auch in den Köpfen stattgefunden? Die preußischen Tugenden werden nach wie vor beschworen. Manch einer steht ihnen ehrfurchtsvoll gegenüber, andere weichen angeekelt vor ihnen zurück. Besonders bei rechtsextremistichen Gruppierungen steht der Name Preußen hoch im Kurs.

Die „Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V.“ hat ihn sich 1991 gar in den Briefkopf geschrieben. Die „Kulturgemeinschaft“ meldete in den letzten Jahren die „Heldengedenkmärsche“ der rechtsextremen Szene zu einem deutschen Soldatenfriedhof in Halbe an, die von Polizei und Gerichten immer wieder verboten wurden.

Für die Junge Union des Landes Brandenburg hat der Name Preußen indes nichts mit Militarismus zu tun. Er stehe vielmehr für „Toleranz, Disziplin und Sparsamkeit“, war von dort 1995 zu vernehmen. Daher sei „ernsthaft zu erwägen“, ob das zu schaffende neue Land Berlin-Brandenburg nicht wieder Preußen heißen solle. Bekanntlich kam alles ganz anders. Mit dem Namen Preußen ist heute offenbar kein Staat mehr zu machen. Holger Wicht