■ Die Expansionspolitik der Nato stößt an ihre Grenze
: It's not all right, Miss Albright

Ziemlich weit ist die Nato auf ihrem Weg gen Osten mit Madeleine Albright gekommen. „Wir stehen jetzt auf derselben Seite“, resümiert Amerikas Außenministerin am Ende ihrer Moskauer Verhandlungen. Ein Schalk, wer hinter den Worten den Standpunkt vermutet, ein Realist, wer Arges dabei denkt. Rußlands Außenminister Primakow ist Realist und führt Albrights Logik zu ihrem absurden Schluß: Er verstehe nicht, „gegen wen wir uns mit der Nato verbünden sollten? Gegen China oder gegen Iran etwa?“ Bündnisse, so lautet sein Kernsatz, sind immer gegen irgend jemand gerichtet.

Das Dilemma ist nur, weder Madeleine Albright noch der Nato ist bei ihrem Drang nach Osten mit Logik beizukommen. Als „Sicherheitspartnerschaft“ wird ausgegeben, was die Pathologie des Double-bind in sich birgt: Partnerschaft wird verkündet und für die eigene Sicherheit gesorgt. Eingrenzung und Einbindung lautet die Doppelstrategie gegenüber Rußland. Dessen Widerstand ist so hinhaltend wie schwach. Denn es kann kaum drohen, wo es keine Potentiale mehr hat. Es kann nicht mehr verteidigen, wo es nichts mehr verloren hat. Der Aufnahmewunsch der Visegrad-Staaten Polen, Ungarn und Tschechien in die Nato mag zwar deren eigenen Interessen zuwiderlaufen, legitim ist der Wunsch allemal.

Nur, wo wird dieser Legitimität eine Grenze gesetzt? Vor Petersburg, wie es die Balten wünschen, vor Kroatien, wie die Italiener erhoffen, oder an der moldawischen Grenze, wie es Frankreich erwägt? Oder soll es bei der Aufnahme der drei Visegrad- Staaten bleiben?.

Baldige Klarheit wäre notwendig. Denn von der Ausdehnung des Bündnisses her werden sich die Grenzen der atomaren wie auch der konventionellen Abrüstung bestimmen. Nicht ohne Grund mehren sich die Stimmen derjenigen, die nach der ersten mittlerweile wohl unausweichlichen Runde der Nato-Osterweiterung ein langfristiges Moratorium setzen wollen. Daraus ein Ende zu machen wäre noch sinnvoller. Die Reduzierung der konventionellen Streitkräfte in Europa hatte ihren Ausgangspunkt in Militärblöcken. Wenn jetzt in einer zweiten Stufe im KSE-Vertrag das Staatengruppenprinzip aufgegeben werden und die Abrüstung ausgedehnt werden soll, so entspräche es dieser Entwicklung, vom Block- und Bündnisdenken Abschied zu nehmen. Das hätte eine Logik. Dieter Rulff