Press-Schlag
: Der letzte Moralist

■ Mario Basler als Spendenmuffel

Seit dem Bosmann-Urteil seien die Spielergehälter explodiert, so klagen am lautesten diejenigen Vereinsbonzen, die mit absurden Summen die wenigen Stars der Bundesliga in ihren Starzirkus locken. Neulich hatte der Manager des teuersten Ensembles eine geniale Idee, einen Teil dieser Summen direkt von den Empfängern zurückzuholen: durch wohltätige Spenden.

Also hat Bayern Münchens Uli Hoeneß einen Spendenkatalog für Fußballprofis erstellt. Wer gegen die Statuten verstößt, z.B. nicht mit dem Dienstwagen (Opel) zum Training vorfährt, im Mannschaftsbus Karten spielt oder mit dem Handy telefoniert, gar öffentlich den Trainer kritisiert oder sich nach 23 Uhr in einer Kneipe sehen läßt, der wird zur Kasse gebeten.

Kahn, Zickler, Ziege und Kreuzer zahlten je 10.000 DM für einen späten Restaurantbesuch, die gleiche Summe soll Basler wegen seiner Kritik an der zu defensiven Spielweise beim Pokal-K.O. in Karlsruhe hinblättern. Wer soviel Geld verdiene, heißt es, für den ist das nur eine kleine Spende. Die Stars sollen also schweigen oder spenden, am besten aber schweigen und spenden. Ab einer halben Million DM im Jahr ist das Spielergehalt Schweigegeld, ab einer Million gehört die Seele dem Verein. Schweige-, Autogramm-, Lederhosen-, Gamsbart-, Fuxx-Party-Anwesenheits- und Gutelaunepflicht sind der Preis für das Luxusleben auf Vereinskosten.

Wer trotz seines astronomischen Gehalts mucke, handele unmoralisch, so wetterte Uli Hoeneß am Samstag gegen den Gladbacher Pflipsen, der 85.000 Mark Urlaubsgeld eingeklagt hat. Unmoralisch ist nach diesem Weltbild ein Arbeitnehmer, der seine Rechte einfordert, moralisch handeln dagegen Arbeitgeber, die Arbeitnehmern Grundrechte absprechen, weil Grundrechte, wie die freie Meinungsäußerung, dem Wohle des Vereins schaden könnten. Kapitalismus mit feudalistischer Herrschaftsstruktur würden Marxisten diese Zustände nennen, wenn es noch Marxisten gäbe. Da es aber keine Marxisten mehr gibt, kann das, was sie so nennen würden, sich frei entfalten, zunächst in der kleinen Welt des Profifußballs und der Standardsituationen, dann in der richtigen Welt der Konzerne und Standortdiskussionen.

Und schon droht der erste Spendenskandal: Mario Basler will die Spende verweigern. „Unmoralisch“, werden die Feudalherren der Liga wieder zetern. Doch der Multimillionär Basler ist weder unmoralisch noch ein Geizkragen, sondern einer der letzten aufrechten Moralisten, einer der letzten Verfechter der Rechte des Individuums in dieser Bonsaiwelt der fetten Bonzen und ihrer steinreichen Sklaven. Joachim Frisch