Der Star ist der Merk

■ Schiedsrichter-Pressekonferenz nach dem Stuttgarter 1:0 gegen den KSC

Stuttgart (taz) – Irgendwann werden die Bundesligaschiedsrichter vielleicht auch Platz nehmen dürfen an jenem Tisch, an dem die Trainer die getane Arbeit ihrer Schützlinge vor versammelter Presse konferieren. „Herr Merk, Ihr Kommentar zum Spiel“, hieße dann die Aufforderung. Markus Merk jedenfalls gab nach dem 1:0 des VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC schon mal eine Kostprobe von dem, was im Falle eines Falles zu erwarten wäre – (noch) nicht gleichberechtigt sitzend neben Löw und Schäfer freilich, immerhin aber satte zwanzig Minuten stehend im Gang des Gottlieb- Daimler-Stadions. Doziert hat der FIFA-Spielleiter über „positive Kommunikation auf dem Feld“ zwischen Spielern und Leiter, auch zum ewigen Streit über Fingerspitzengefühl und konsequente Regelanwendung. Und zur neuen Strenge seiner Gilde gegen den VfB Stuttgart.

Das baden-württembergische Derby nun gab erneut Anlaß zu letzterer Frage. Genauer gesagt: Die Ereignisse der Schlußminute. Bis dahin hatte der Verein für Bewegungsspiele die Partie dominiert, vornehmlich Fredi Bobic versiebte aber Chance um Chance. Dann aber köpfelte eben dieser Bobic Balakows Eckball ins Tor. Überschäumender Jubel, der nicht lange anhielt, weil Markus Merk dem schon vorgewarnten Giovane Elber die Ampelkarte wegen Ballwegschlagens „bis unters Tribünendach“ (Merk) unter die Nase hielt. Schwuppdiwupp war sie wieder entbrannt, die Diskussion um das besondere schiedsrichtende Augenmerk, das die Stuttgarter genießen sollen. VfB-Abwehrstratege Thomas Berthold war es diesmal vergönnt, die Rede von der Verschwörung gegen die Seinigen zu schwingen. Von „Wettbewerbsverzerrung“ hat er gesprochen, von „ganz eindeutiger Benachteiligung“. Entkräftet hat derlei Mutmaßungen Winfried Schäfer. Trotz Verweises auf die Haupttribüne, trotz Niederlage in der Nachspielzeit, war Karlsruhes Trainer keineswegs erzürnt. Im Gegenteil: „Merk hat gut gepfiffen.“

Gelernt hat der derart Geadelte an diesem Nachmittag vor allem das: „Wenn ich beim Unentschieden abgepfiffen hätte, wäre mir einiges erspart geblieben.“ Gewiß Fragen zu Sinn und Unsinn von farbigen Karten, gewiß aber auch eine ganz persönliche Pressekonferenz. Thilo Knott

Karlsruher SC: Reitmaier - Hengen - Reich, Ritter - Wittwer, Fink, Schuster, Tarnat, Bähr - Kirjakow (75. Carl), Dundee

Zuschauer: 49.000; Tor: 1:0 Bobic (90.)

Gelb-Rote Karte: Elber (90.)

VfB Stuttgart: Wohlfahrt - Schneider, Endreß, Berthold - Hagner (59. Buck), Soldo, Poschner (79. Lisztes), Balakow, Legat - Bobic, Elber