■ Der lange Kampf des Karenvolkes
: Staat im Dschungel

Seit fast fünfzig Jahren kämpft die Karen National Union (KNU) für größere Eigenständigkeit von der Zentralregierung in Rangun. Das Volk der Karen (ausgesprochen Ka-Renn) gehört zu den größten der zahlreichen – und vielfach miteinander verfeindeten – ethnischen Minderheiten im 44-Millionen-Staat Birma.

Rund vier Millionen Karen leben in Birma, die meisten im Osten des Landes an der Grenze zu Thailand. In den vergangenen Jahrzehnten flohen rund achtzigtausend Karen vor dem Bürgerkrieg ins Nachbarland.

Die KNU gründete sich bereits kurz nach der Unabhängigkeit Birmas 1948. Anlaß: die Vorherrschaft der birmanischen Ethnie. Unter General Bo Mya, der seit 1976 an der Spitze der KNU steht, wurde sie zu einer der militärisch stärksten Rebellentruppen. Sie kontrollierte den „Karen-Staat“ entlang der Grenze.

Als die Junta in Rangun Ende der achtziger Jahre die demokratische Opposition vertrieb, retteten sich auch birmanische Politiker, Studenten und Mönche zu den Karen in den Dschungel. Dort erhielten sie Unterschlupf und Hilfe.

Das Hauptquartier der Karen in Manerplaw wurde auch Zentrale der demokratischen „Gegenregierung“. Doch nach heftigen internen Fraktionskämpfen in der KNU kam es 1994 zum Bruch: Ein Teil der überwiegend buddhistischen Einheiten spaltete sich von der mehrheitlich christlichen Führung ab und lief zu den birmesischen Regierungstruppen über.

Für die Junta in Rangun war diese neue Truppe, die sich Demokratische Buddhistische Karen-Armee (DKBA) nennt, ein großer Gewinn: Mit ihrer Hilfe konnte sie seit 1995 Manerplaw und alle wichtigen Stützpunkte der Karen-Rebellen erobern. Da es der Militärregierung in den vergangenen Jahren auch gelang, mit über einem Dutzend anderer Rebellenarmeen Waffenstillstandsabkommen zu schließen, hat sie jetzt die Hände frei: Sie kann ihre Kräfte auf die Offensive gegen die KNU konzentrieren.

Die thailändische Regierung versucht das Flüchtlingsproblem und die Kämpfe an der Grenze bislang herunterzuspielen, um ihre Beziehungen zu der birmesischen Junta nicht zu belasten. Jutta Lietsch