Bundeswehr muß ihren Dreck selbst bezahlen

■ 34 Tonnen Sondermüll erreichten via Ungarn wieder ihren Ausgangspunkt

Berlin (taz) – Die Bundeswehr will jetzt doch für die Kosten des Rücktransports von Sondermüll aufkommen, der von einem ihrer niedersächsischen Depots nach Ungarn gelangt war. Eine entsprechende Zusicherung ist bei der Niedersächsischen Gesellschaft zur Endlagerung von Sonderabfällen (NGS) eingegangen, so deren Geschäftsführer Jörg Rüdiger. Dennoch solle die Klage gegen die Bundeswehr auf Zahlung (die taz berichtete) solange aufrecht erhalten bleiben, bis das Geld wirklich bei der NGS eingegangen sei.

Grund für das Mißtrauen könnte der Schlingerkurs der Bundeswehr sein: Als die ungarische Umweltbehörde im September vergangenen Jahres das Bundesumweltministerium darum bat, den Müll wieder abzuholen, bestritt das Verteidigungsministerium jegliche Beteiligung an dem Abfallexport. Die Bundeswehr habe die fraglichen 34 Tonnen Natriumhydrogensulfat einem Makler überlassen und ihm 380 Mark pro Tonne gezahlt. Außerdem handele es sich um Wirtschaftsgut und nicht um Abfall. Von einer Verbringung nach Ungarn habe man nichts gewußt. Verwunderlich angesichts der Tatsache, daß „Lkws mit ungarischen Kennzeichen bei der Bundeswehrdeponie anrollten, um die Fässer abzuholen“, so Rüdiger.

Im November schließlich erklärte sich das Bundesverteidigungsministerium zur Kostenübernahme für den Rücktransport bereit. „In Anbetracht der Verantwortung für den Umweltschutz, der sich die Bundeswehr auch international in besonderem Maße verpflichtet fühlt“, so die Begründung. Die NGS solle die Rückholung organisieren und die Kosten von der Wehrbereichsverwaltung II in Hannover erstattet bekommen. Ein Vertrag wurde aufgesetzt, der auch festhielt, daß eine Kostenübernahme unabhängig davon erfolge, ob die Chemikalien Wirtschaftsgut oder Abfall seien.

Rechtzeitig zu Weihnachten kehrten die 34 Fässer zu ihrem Bundeswehrdepot zurück. Wie abgesprochen stellte die NGS ihre Rechnung an die Wehrbereichsverwaltung. Doch statt Geld kam von der Verwaltung zur Jahreswende ein Brief, in dem diese die Zahlung ablehnte: „Bei den zurückgeholten Chemikalien handelt es sich nicht um Abfall, sondern um Wirtschaftsgut; der Rücktransport war demnach nicht erforderlich, weswegen es auch keine Kosten zu erstatten gibt.“ Daraufhin erinnerte die NGS in einigen Schreiben, daß die Frage „ob Wirtschaftsgut oder nicht“ von der Zahlungspflicht vertraglich abgekoppelt worden war, erhielt keine Antwort und zog schließlich vor das Verwaltungsgericht. Mit dem Erfolg, daß nunmehr die Wehrbereichsverwaltung ihre Haltung revidierte. „Die Kosten werden wie verabredet übernommen“, heißt es in der jüngsten Mitteilung an die NGS, „inklusive der entstandenen Anwaltskosten“.

Die Müllfässer waren 1995 zunächst für eine ordnungsgemäße Entsorgung angemeldet worden, bevor man sich entschied, sie Müll- Maklern anzuvertrauen. „Eine Endlagerung unter Tage kostet 800 bis 900 Mark pro Faß“, schätzt NGS-Geschäftsführer Rüdiger. Das Angebot der Makler war um mehr als die Hälfte günstiger. Ohne einer Entsorgung näher gekommen zu sein, stehen die Fässer jetzt wieder an ihrem Ursprungsort – knapp 3.000 Mark je Faß kostete deren Osteuropa-Trip. Christian Tönnesen