■ Das Pro7-Papier
: Aktie ohne Stimmwert

Es war ein Coup, der allen Konzentrationskritikern die Schuhe auszog: Als Pro 7 im Sommer 1995 verkündete, eine börsennotierte AG zu werden, schien mit einem Schlag Deutschlands geheimnisumwittertstes Medienunternehmen in das transparenteste zu mutieren. Alle Verdachtsmomente über die Verbindungen zwischen dem aufstrebenden Sender und dem aufstrebenden TV-Unternehmer Leo Kirch würden nachprüfbar werden – und damit obsolet. Pro 7-Chef Georg Kofler ließ sich seine Lizenz sogar beim schärfsten Konzentrationskritiker, dem Berliner Medienwächter Hans Hege, ausstellen (s. Interview).

Nun wird der Börsengang in der Tat ein Coup werden, aber anders als gedacht: Die 35,5 Prozent Stammaktien, die bislang bei der BHF und der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank (angeblich für den Börsengang) geparkt waren, um den Anteil der Kirch- Familie unter die bis Januar relevanten 25 Prozent zu drücken, gehen nämlich, wie Pro 7 am Sonntag mitteilte, sämtlich zurück an Leo Kirchs Sohn Thomas. Der damit (und mit seinem Anteil aus einer geplanten Kapitalerhöhung) eine satte 60-Prozent-Mehrheit an Pro 7 hält (40 Prozent verbleiben beim Handelskonzern Rewe).

An die Börse kommen nur Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, die aus den bisherigen stimmlosen Genußscheinen umgewandelt werden. Das soll eine Menge Geld bringen, Pro 7-Chef Kofler spricht von „1 Milliarde DM plus X“.

Wohin das Geld mehrheitlich geht, ist auch schon klar: in Kirchsche Kassen. Die Börsenkonstruktion ergibt für Thomas Kirch einen Erlös von schätzungsweise mindestens 500 Millionen, wahrscheinlich sind es 700 Millionen Mark. Zugunsten, wie vermutet wird, von Leo Kirch, für den es in den letzten Monaten mal wieder finanziell eng geworden war. Kirch gewinnt durch den Deal einige Monate mehr, in denen er gegenüber seinem Pay-TV-Partner in spe, dem Bertelsmann-Konzern, selbstbewußter auftreten kann. Auch Pro 7 bekommt mindestens 300 Millionen vom Kuchen ab. Damit will Kofler seine Position als ehrgeizigster und einzig gewinnbringender Kirch-Sender (gegenüber Sat.1) ausbauen.lm