Das Portrait
: Shooting-Star der EU-Kommission

■ Emma Bonino

Die neue Hoffnung der Europäischen Kommission trägt italienischen Chic. Emma Bonino, EU-Kommissarin für Humanitäre Fragen, Fischerei und Verbraucherschutz, soll das Image der Brüsseler Behörde liften, das durch den laxen Umgang mit der britischen Rinderseuche ziemlich ramponiert ist. Schon die eigenartige Ressortzusammenstellung läßt ahnen, welche Aufgabe der langjährigen Berufspolitikerin von der Radikalen Partei Italiens vor einem Jahr zugedacht wurde: Den Kleinkram sollte sie machen.

Und ausgerechnet ihr hat EU-Kommissionspräsident Jacques Santer jetzt das Banner einer kleinen Revolution in die Hand gedrückt: neue Kompetenzen und 100 zusätzliche Beamte für den Verbraucherschutz. Nicht mehr Agrarkommissar Franz Fischler, sondern Boninos Leute werden künftig für die Lebensmittelkontrollen und für die Zusammensetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse zuständig sein. Diese Ausschüsse, auf deren Empfehlungen sich die EU-Kommission etwa bei der Freigabe von Gelatine stützte, waren in letzter Zeit in den Geruch einer gewissen Nähe zur Agrarlobby gekommen. Da soll Emma Bonino nun aufräumen.

Emma Bonino war die Wunschkandidatin des Europaparlaments für diese Aufgabe. „Sie nimmt keine taktischen Rücksichten“, lobt die belgische Grünen-Abgeordnete Magda Aelvoet, „sie sagt offen, was sie denkt.“ So offen, daß manche EU-Kommissare vor kurzem ziemlich erschrocken sind, als sie sich in der belgischen Zeitung Le Soir zitiert fanden. Gleich zweimal waren dem Blatt streng vertrauliche Protokolle von Kommissionssitzungen zugespielt worden, die belegten, daß es sowohl bei der Vertuschung von BSE als auch bei der Zulassung von genetisch manipuliertem Mais für die meisten Kommissare Wichtigeres gab als die Gesundheit der Verbraucher. Ob Bonino selbst die Papiere an die Öffentlichkeit brachte, läßt sich nicht belegen. Jedenfalls druckte das Blatt gleich daneben ein Interview mit einer wütenden Emma Bonino, die ihren Kommissarskollegen überstürzte Entscheidungen und Feigheit vor dem Markt vorwirft. „Sie weiß, daß sie mit der Bevölkerung kommunizieren muß“, rechtfertigt die Grüne Magda Aelvoet den möglichen Vertrauensbruch, „wenn sie in dieser EU-Kommission etwas erreichen will.“ Alois Berger, Brüssel