Direktbanken sind vor allem für die Banken billig

■ Die neuen Bankangestellten sind oft nur unter Tarif bezahlte Telefonisten

„Die immer für sie da ist“, verspricht uns eine. „Im Turbo zur Börse“, lockt uns eine andere. Die hier um Kundschaft buhlen, sind die deutschen Direktbanken. Je nach Definition gibt es davon etwa ein Dutzend. Teilweise sind es selbständige Häuser, teils Töchter von Geldkonzernen, die Girokonten verwalten, Kredite vergeben oder Aktien verkaufen – fernmündlich.

Mittlerweile vertrauen eine Million Bundesbürger auf solche Bankkontakte per Telefon oder PC; über acht Millionen könnten es werden, versprechen Marktforscher. Ihrer jung-dynamischen, gutverdienenden Zielgruppe bieten die Direktbanken billige Geldgeschäfte und häusliche Bequemlichkeit. Den Preis zahlen andere.

„Ein gutfunktionierendes Call Center ist das Herzstück jeder Direktbank“, sagt Georg Krupp, im Vorstand der Deutschen Bank zuständig für das Privatkundengeschäft. Dort gehen die Telefonanrufe ein und werden verarbeitet – per Maschine oder Mensch. 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Bei der Deutsche- Bank-Tochter Bank24 rufen täglich bis zu 3.500 Kunden an. Und dies kommt die Direktbanken billig: keine teuren Filialen und preiswertes Personal.

Zwar benötigen auch Direktbanken noch Mitarbeiter. „Die meisten arbeiten unterhalb des Banktarifs“, berichtet jedoch Jörg Reinbrecht von der Gewerkschaft HBV. Fast alle Direktbanken verzichten auf einen Tarifvertrag. Den Telefonjob erledigen Angelernte, Nebenerwerbler und 610- Mark-Kräfte.

Die Citibank unterhält zwei derartige Call Center. Im Bochumer Citiphone arbeiten hauptsächlich Studenten und Teilzeitkräfte. Und es wird weniger gezahlt als in einer konventionellen Bankfiliale. „Aber daran hat sich die HBV schon gewöhnt“, beruhigt Bank- Sprecher Folkert Mindermann. Für spezielle Kundenanfragen werden im kleineren Aachener PhoneDirect jedoch „überwiegend Spezialisten“ beschäftigt, die über Erfolgsprämien am Monatsende „das gleiche Geld“ wie ihre Filialkollegen nach Hause tragen. Letztlich sei die Direktbank der Citi- Gruppe „nicht wenig billiger“ als ein Filialbetrieb.

Dabei sind die neuen Direktbanken mit ihren insgesamt etwa 2.000 Beschäftigten ein Testfeld für Zukünftiges: Ziel ist eine Industrialisierung des Bankgeschäfts. Den massenhaften anspruchslosen Standardgeschäften stehen wenige teure Beratungsaufgaben für private und gewerbliche Großkunden gegenüber. Krupp: „Die Verwaltungsarbeiten binden mehr als 50 Prozent der Personalkapazitäten.“

Und dafür benötigt man keine rundum ausgebildeten und teuren Bankkaufleute. Da die meisten Angestellten nun als überqualifiziert gelten, „muß wahrscheinlich etwa die Hälfte der Mitarbeiter ,ausgetauscht‘ werden“, meint die Beratungsagentur McKinsey in einer Studie. An den Extraprofit durch billiges Personal glaubt die alteingesessene Konkurrenz nicht. Gerade die wohlhabende Zielgruppe erwarte fernmündlich Qualität. Hermannus Pfeiffer