Erster Steuergipfel noch ohne Annäherung

■ Koalition und SPD erzielen noch keine inhaltlichen Ergebnisse. Gemeinsame Arbeitsgruppen eingesetzt. Gespräche gehen Freitag in kleinerer Runde weiter

Bonn (taz) – Das Gipfelgespräch zwischen der Koalition und der SPD zur Steuerreform verlief gestern nahezu ergebnislos. Eine Annäherung der Positionen bezüglich der Steuersätze habe es nicht gegeben, sagte SPD-Chef Oskar Lafontaine. Es zeichne sich lediglich ab, daß die vorrangige Forderung der SPD, die Lohnnebenkosten drastisch zu senken, auf Resonanz bei der Koalition gestoßen sei.

Finanzminister Theo Waigel (CSU), der zuerst an die Mikrofone getreten war, äußerte sich überhaupt nicht zum Stand der Verhandlungen. Er verkündete lediglich, daß für den kommenden Freitag ein weiteres Gespräch vereinbart sei, diesmal aber in einem kleineren Kreis. Teilnehmer sind die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD und FDP, Wolfgang Schäuble, Rudolf Scharping und Hermann Otto Solms, sowie Finanzminister Waigel und der nordrhein-westfälische Finanzminister Heinz Schleußer. Lafontaine ergänzte später, daß von diesem Treffen abhängen soll, ob weitere Gespräche überhaupt einen Sinn haben.

Die Ergebnislosikgeit dieses ersten Treffens konterkarierte das riesige Aufgebot von Journalisten am Ort des Gipfeltreffens in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Bonn. Bundeskanzler Kohl wagte sich nur im Wagen die paar Meter vom Bundeskanzleramt zur nordrhein-westfälischen Landesvertretung. Die SPD- Delegation (Lafontaine, Scharping, Voscherau, Schleußer, Ingrid Matthäus-Maier) kam geschlossen zu Fuß, wurde aber stark bedrängt.

Spätestens bis Ostern sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein, wie CDU und FDP gestern beteuerten. Wie lange sich jedoch die Verhandlungen hinziehen können, zeigt allein ein Vorstoß des nordrhein-westfälischen Finanzministers Heinz Schleußer. Kurz vor Beginn der Verhandlungen wurde gestern bekannt, daß die tatsächliche Finanzlücke im Steuerreformpaket der Koalition nach seinen Berechnungen um 30 Milliarden größer sei, als von der Koalition angenommen wird. Statt 44 Milliarden werde sie sich aufgrund unzulänglicher Annahmen beim Einkommensteuertarif, bei den Gegenfinanzierungen und bei der Körperschaftsteuer auf eher 74 Milliarden Mark vergrößern.

Schleußer zufolge müsse es daher jetzt erst einmal darum gehen, sich auf eine solide Grundlage zu verständigen. Finanzminister Theo Waigel kündigte an, daß am heutigen Dienstag ein „Zahlenabgleich“ zwischen dem Bundes- und dem Landesfinanzministerium erfolgen werde. Er sei überzeugt, daß seine Zahlen stimmten. Markus Franz