Polizistenmörder kommt aus rechter Szene

■ Ehemaliges Mitglied der „Nationalen Alternative“ gesteht Attentat auf zwei Polizisten. Ermittler sehen Parallelen zum Anschlag auf linken Buchhändler in Berlin

Berlin (taz) – Der 24jährige Berliner Kay D., der am Sonntag in Schleswig-Holstein einen Polizisten erschoß und einen weiteren verletzte, ist Rechtsextremist und möglicherweise auch für den Anschlag auf einen PDS-Buchhändler in Berlin-Marzahn verantwortlich. Es gebe „verschiedene Auffälligkeiten“ und „Parallelen“ zu der Tat in Marzahn, erklärte die Lübecker Justizpressestelle gestern.

Das Amtsgericht Lübeck erließ gestern Haftbefehl gegen Kay D. wegen Mordes und versuchten Mordes. Nach Angaben des Justizsprechers erklärte Kay D., aus Notwehr geschossen zu haben. Die Polizisten hätten zuerst geschossen. Kay D. trug bei der Festnahme eine kugelsichere Weste und hatte einen Kampfhund und größere Mengen Munition bei sich. Er selbst gab an, Mitglied der rechtsradikalen Gruppe „Weißer Arischer Widerstand“ und Anhänger des Klu-Klux-Klans zu sein. Nach taz-Informationen war Kay D. früher Mitglied der Organisation „Nationale Alternative“ (NA Berlin). In der NA sammelten sich bis 1993 Angehörige der Ostberliner Neonaziszene.

Der PDS-Buchhändler war am Mittwoch im Berliner Plattenbaubezirk Marzahn aus kurzer Distanz von einem vermummten Mann mit einer Schrotflinte niedergeschossen worden. Auch die Todesschüsse auf den 34jährigen Polizisten am Sonntag auf einem Parkplatz an der Autobahn Hamburg–Berlin wurden aus einem Schrotgewehr (Pump-Gun) abgefeuert. Dabei war ein zweiter Polizist von den Splittern schwer verletzt worden. Die Schüsse fielen, als sich die Beamten dem als gestohlen gemeldeten Fahrzeug näherten. Nach einer Verfolgungsjagd und neuerlichen Schußwechseln wurde Kay D. in Lauenburg gestellt. Kay D. gehört auch zu den Gesinnungsgenossen von Arnulf Priem, einem führenden Berliner Neonazi und Landesgeschäftsführer der verbotenen „Deutschen Alternative“, der zur Zeit wegen Waffenbesitzes inhaftiert ist. Am 13. August 1994, dem Todestag von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß, versammelte sich Kay D. mit anderen Rechten, um linke Gegendemonstranten zu attackieren. Später wurde er deshalb wegen Bildung eines bewaffneten Haufens zu einer Geldstrafe verurteilt.

Vor allem ein Indiz spricht dafür, daß Kay D. der Schütze aus Marzahn gewesen sein kann. Der arbeitslose junge Mann wohnt in einem 18geschossigen Hochhaus, 500 Meter vom Buchladen entfernt. Ein Hausbewohner beschrieb ihn gegenüber der taz als „völlig durchgeknallten Typen und Einzelgänger“. plu/jr