Sachwalter der Vergangenheit

■ Eine Diskussion als Schlußpunkt zur Kunstinsel-Eröffnung

Es sollte eine scharfe Diskussion werden, geriet aber bloß zu einer sanften Runde: Am Mittwoch trafen sich in der Hochschule für bildende Künste Uwe M. Schneede, Kunsthallendirektor, und Stephan Schmidt-Wulffen, Leiter des Kunstvereins, zum Gespräch über die Galerie der Gegenwart. Der Architekt des neuen Museums, Oswald Mathias Ungers, der sich hier eigentlich mit Schneede unterhalten sollte, hatte wegen einer Erkrankung nicht kommen können. Mit Fragen zur Architektur wurde Schneede daher wenig belästigt. Schmidt-Wulffens Argumenten gegen die Zweckmäßigkeit und das Zeitgemäße des Ungers-Monuments wich er in bewährter Politiker-Manier aus und beschwor lieber die Harmonie zwischen Architekten, Künstlern und Kunsthalle. Es war klar, daß Schneede wenig Neigung verspürte, als Ungers Anwalt zu fungieren.

Sichtlich wohler fühlte er sich, als er nach der künftigen Rechtsform seines Hauses gefragt wurde. Er wolle keine GmbH gründen, eine Stiftung hätte er aber schon gerne, um das Geld besser verwalten zu können. Inwiefern das schon spruchreif sei, blieb unklar, genauso wie Schmidt-Wulffens Position zur Privatisierung des staatlich geförderten Kunstbetriebs.

Die wirklich interessanten Aussagen fielen zum Schluß: Als HfbK-Präsidentin Adrienne Goehler die Sorge vortrug, der Rummel um die Galerie der Gegenwart würde die kleinen Kunstströmungen zur Seite drängen. Der Pressewirbel um den Ungers-Bau diene der Kunst als solche, erklärte Schneede. Es sei doch wohl besser, wenn er eine Million Besucher zur Kunstbetrachtung animieren kann, als nur die Hälfte. Dem Einwand, daß möglichst viele zahlende Kunden noch kein kulturpolitisches Konzept ausmachen, hatte er nichts entgegenzusetzen.

Und als Schmidt-Wulffen einwarf, ob es nicht an der Zeit wäre, auch im etablierten Kunstbetrieb Mut zum Experiment zu zeigen, wagte der Kunsthallenchef eine mutige Aussage: „Ich bin kein Visionär, ich bin Historiker“, erklärte Schneede. Ob es wohl klug war, daß der Mann, der Kunst der Gegenwart ausstellen will, sich so deutlich als Sachwalter der Vergangenheit outete? Barbora Paluskova