Gasag-Verkauf unrentabel

■ Der Senat investierte Millionen in die Gasag, die er möglicherweise nicht wiedersieht. Bündnisgrüne kritisieren die energiepolitischen Folgen des Geschäfts

Der vom Senat beschlossene Verkauf der Berliner Gaswerke AG (Gasag) gefährde die Umweltpolitik und den Klimaschutz. Das befürchtet der energiepolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Hartwig Berger. „Wenn schon die Bewag verkauft wird, muß wenigstens die Gasag in Landesbesitz bleiben“, erklärte Berger gestern.

Das Land hält zur Zeit noch 51,8 Prozent der Aktien des Gasversorgers. Nach den Plänen von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) soll mit dem Verkaufserlös ein Teil der Haushaltslöcher des Jahres 1997 gestopft werden.

Als potentielle Käufer der Gasag kommen gegenwärtig die Energiekonzerne Ruhrgas, RWE und Veba in Frage. Ruhrgas und RWE besitzen bereits jeweils 11,95 Prozent der Aktien, der Veba gehört ein Paket von 12,95 Prozent. RWE und Veba stellen vor allem Strom in Kohle- und Atomkraftwerken her. Die von ihnen gelieferte elektrische Energie konkurriert aber mit dem Erdgas der Gasag. Das Gas wird in Blockheizkraftwerken sowohl zu Strom als auch in Heizwärme für Wohnungen, Büros und Fabriken verwandelt. Würden die Stromkonzerne ihre Aktienanteile bei der Gasag erhöhen, könnten sie zugunsten ihres Stromes den Verkauf von Erdgas künstlich gering halten, kritisiert Berger. Die Folge: Es würde mit Strom anstatt mit umweltfreundlichem Erdgas geheizt.

Der Bündnisgrüne schlägt dagegen vor: „Die Gasag soll mehr Blockheizkraftwerke bauen und der Bewag Anteile vom Strommarkt abjagen.“ Eben diesen Boom des sauberen Ergases allerdings wüßte die Veba mit ihrem größeren Gasag-Aktienpaket zu verhindern. Schließlich gilt der Stromriese auch als ein aussichtsreicher Käufer der Bewag und müßte darauf bedacht sein, möglichst viel elektrische Energie zu verkaufen. Auch die Ruhrgas AG kommt bei den Grünen nicht gut weg. Der Betrieb habe von moderner Energiepolitik und Blockkraftwerken noch nicht viel gehört.

Möglicherweise wird der Verkauf der Gasag-Anteile für das Land ein schlechtes Geschäft. Jahrzehntelang hat die öffentliche Hand Millionen Mark in den früheren Eigenbetrieb gesteckt. Noch in den Jahren 1989 bis 1991 beliefen sich die Überweisungen an die Gasag auf fast 190 Millionen Mark. Seit der Umwandlung in die Aktiengesellschaft 1992 freilich ist dieses Füllhorn versiegt. Jetzt versucht der Senat, das früher investierte Geld durch den Verkauf wieder hereinzuholen. Der Wert des Aktienpakets wird auf über eine Milliarde Mark geschätzt. Ein Vergleich von Investition und Erlös bleibt der Zukunft vorbehalten.

Die Gewerkschaft ÖTV befürchtet außerdem, daß das Aktiengeschäft zu Lasten der Belegschaft geht. ÖTV-Sprecher Ernst- Otto Kock rechnet mit der Kündigung von Beschäftigten, wenn der Gasag-Vorstand seine Androhung wahrmache, die Zahl der Arbeitsplätze von heute 2.857 auf rund 1.500 zu senken. Die Vernichtung von Jobs könnte sich später fortsetzen, wenn die potentiellen Käufer die Personalkosten reduzieren, um das eingesetzte Kapital schnell hereinzuholen.(...) Hannes Koch