Wieder warten Wunder

■ Ein unerschrockener Selbstversuch

Wenn spektakuläre Internet- Neuheiten angekündigt und vermarktet werden, die alles sehr viel einfacher machen, dann sollten sie so gestaltet sein, daß auch Leute ohne das berühmte „gesunde Halbwissen“ damit umgehen können. Aber einige Programme und Browser-Plug-ins sind davon noch weit entfernt, wie der folgende unerschrockene Selbstversuch zeigt:

Ich möchte die revolutionären Marimba-Kanäle auf den eigenen PC holen und sauge die Software (http://www.marimba.com), entpacke sie und harre der Wunder, die da kommen sollen. Zwar läuft die Installation problemlos ab, doch dann wählt sich das Programm ins Netz ein und beginnt, sich zu aktualisieren. Na so was, es ist doch gerade erst frisch! Eine Fehlermeldung teilt mit, das Programm sei „corrupt“, ich solle doch eine neue Version besorgen und es noch mal versuchen. Weil ich inzwischen gelernt habe, daß Software manchmal lügt, werfe ich den „Tuner“ einfach an und siehe: Es funktioniert! Sieht aus wie ein Karteikasten. Einige Werbe-Icons locken, zum Beispiel „Sesamstraße“. Ich klicke und der Ladevorgang beginnt, während mir das Bild einer Satellitenschüssel gezeigt wird, die etwas empfängt. Was es ist? Ha, es ist das Malbuch für Kinder unter sieben! Nächster Versuch: der „Quabbalah-Kanal“, mir ist gerade so mystisch zumute. Ein Text meldet, jetzt würden HTML- Seiten übertragen, ich solle in meinem Browser als HTTP-Proxy „Localhost“ einstellen und den Port 5208. Gut, ich mach's.

Wieder warten, dann bekomme ich eine Webseite zu sehen, auf der der Verfasser mitteilt, er habe sie erstellt, um mal einen Marimba- Channel auszuprobieren. Mehr Inhalt droht nicht, also breche ich auch diesen Kanal ab. Dritter und letzter Versuch: der Excite-Channel-Guide. Oh, halt, soviel Action bin ich nicht gewohnt! Es ist fast wie bei MTV: Alles bewegt sich heftig, ich klicke hierhin und dorthin, plötzlich ruft der Tuner Netscape auf, ruft noch mal Netscape auf und nochmal. Beim fünften Browser-Aufruf beginne ich, alles wieder abzuschalten, die Browserfenster, den Tuner, die Netzverbindung, Windows, den Computer – ist halt doch nicht so einfach, eine Revolution zu machen. Irgendwie hab' ich das schon vorher gewußt. Claudia Klinger