: „Hoffnung für Bremen-Nord organisieren“
■ Mypegasus ist die einzige Hoffnung für die Vulkan-Arbeiter- für die im Sommer alle Lichter ausgehen / Der SPD-Unterbezirksparteitag in Bremen-Nord beriet
„Wir haben nicht nur Kinder, die studieren“, rief der DMV-Betriebsrat Adolf Schäfer am Dienstag abend den Delegierten des SPD-Parteitages Bremen-Nord zu. Arbeitsplätze für Blaukittel müßten geschaffen werden, wenn die SPD noch etwas für die Arbeiter in diesem Stadtteil tun wolle. „Wollen wir hier ein Industriegebiet? Ich habe den Eindruck, wir wollen keines.“
Mehr als 2.000 Blaukittel, die vor zwei Jahren noch beim Bremer Vulkan beschäftigt waren, stehen in diesem Sommer auf der Straße. „Es gibt hier tausende, die von ihrer Hände Arbeit leben“, sagt auch der Burglesumer Ortsamtsleiter Klaus-Dieter Kück. Was soll nun werden? „Die Kumpels verzagen in der Tat“, weiß Kück.
Der Parteitag sollte klarstellen, daß auf die SPD Verlaß ist. „Wir müssen Hoffnung praktisch organisieren“, versprach die aus Bremen-Nord stammende Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs. „Die SPD muß Flagge zeigen und sich von der CDU abgrenzen in arbeitsmarktpolitischen Fragen“, rief der Delegierte Wolfgang Benz in den Saal. Und Hasso Kulla, Bürgerschaftsabgeordneter und Betriebsratsvorsitzender auf dem untergehenden Vulkan, klagte, seine Glaubwürdigkweit habe am 11.12 „einen Knacks bekommen“. Er, Kulla, habe nämlich immer den Vulkan-Arbeitern mitgeteilt, daß dies und jenes auf den Weg gebracht werde, und dann mußten sie erfahren, daß alles aus ist. „Die Kollegen sind so, daß sie sagen: Wir glauben Dir gar nichts mehr“, bekannte der SPD-Mann.
Der Fraktionsvorsitzende Christian Weber, Bürgermeister Henning Scherf und der wirtschaftspolitische Sprecher Detmar Leo waren gekommen, um Flagge zu zeigen: Die Spitze der SPD steht hinter dem Stadtteil. Aber ob die Hochschule Bremen nach Grohn umzieht, das konnte noch niemand fest versprechen, auch Kahrs will das offensichtlich nicht.
„Wir organisieren einen Wissenschaftsstandort in Grohn“, meinte Scherf. Über Hochschulstandorte werde aber nicht nur nach regionalen Interessen, sondern auch unter hochschulpolitischen Gesichtspunkten auch in Bonn entschieden. Immerhin soll der Bund den Umzug mitfinanzieren.
Da die Kaserrne Grohn erst 1999 geräumt wird, hilft den arbeitslosen Vulkan-Kumpels diese Perspektive auch wenig. Immerhin müssen ihre Kinder nicht unbedingt wegziehen – wenn sie denn studieren.
Auf den Bremer Industriepark setzen die Bremen-Norder einige Hoffnung. „Als bei Klöckner noch 8.000 beschäftigt waren, kamen 2.000 davon hier aus Burglesum“, sagt der Ortsamtsleiter. Heute sind es immerhin noch 800. Geradezu böse kann er werden, wenn er an die Verzögerungen der Bauplanungen für das neue Industriepark-Gelände denkt. „Wir haben über ein Jahr durch den Streit zwischen Bau und Umweltbehörde verloren“, sagt er. Im Jahre 2010 könnten dort einige hundert neue Arbeitsplätze entstanden sein. Für die Vulkan-Arbeiter, die jetzt arbeitslos werden, ist auch das zu spät.
Und auf dem Vulkan-Gelände? 200 Millionen sollen bereitgestellt werden dafür, daß die Maschinenparks dort instand gehalten werden, fordert Detmar Leo. Und für Existenzgründungs-Initiativen. Aus den Blaumännern sollen Kleinunternehmer werden. Welche Produkte da marktgängig entstehen könnten, darüber läßt sich noch wenig sagen. Wieviel Menschen dann dort weiterarbeiten können, steht in den Sternen. „Ein Herumexperimentieren wie auf dem AG Weser-Gelände dürfen wir nicht ein zweites Mal erleben im Lande Bremen“, findet Fraktionschef Weber. Aber wie das verhindern?
Der SPD-Delegierte Friedrich Hennemann tritt ans Podium. Im Ortsverein habe Leo noch mitgeteilt, daß der Wirtschaftssenator gegen die 200 Millionen sei. Es mache keinen Sinn, Papiere zu beschließen, die nur „Illusion“ sind.
Sicher ist für die Vulkanesen nur die letzte Hoffnung: Mypegasus. Aber wie lange? Das sei ein „kompliziertes Finanzierungsproblem“, sagt Scherf.
„Wir müssen das mit den Schwarzen hinkriegen“, und die hätten große „Reserven“ und wollten keine neue „VEB-Struktur“. Eines ist derweil klar: Bis Ende September soll die Gesellschaft, die Kurzarbeit Null verwaltet, verlängert werden.
K.W.
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