Haushalt „der sozialen Kälte“

■ Grüne und PDS nehmen Etatentwurf 97 aufs Korn: Unausgewogen und unsolide. Koalition stimmt Haushalt zu

Die Oppositionsparteien haben in der gestrigen Generalaussprache den 97er Landeshaushalt als ein Werk „der sozialen Kälte“ bezeichnet. Der Etat sei Ausdruck „sauschlechter Politik“, sagte Michaele Schreyer von den Bündnisgrünen. Wie Schreyer reklamierte auch PDS-Fraktionschef Harald Wolf für seine Partei, den sozial ausgewogeneren und solideren Haushalt vorzulegen. Der Etatentwurf der PDS bringe 800 Millionen Mark mehr an Einsparungen. Die Grünen behaupten gar, den doppelten Konsolidierungsbeitrag der Koalition (1,4 Milliarden Mark) erwirtschaften zu können.

Der Etat wird heute im Abgeordnetenhaus abgestimmt. Es bestehen keine Zweifel, daß das mit fünfmonatiger Verspätung eingereichte Zahlenwerk die Zustimmung der schwarz-roten Koalition findet. CDU-Fraktionschef Klaus- Rüdiger Landowsky zeigte sich gestern erfreut über den schlichten Tatbestand, mit dem Koalitionspartner SPD einen „gemeinsamen Entwurf“ vorgelegt zu haben. Landowskys Redebeitrag führte zeitweise zu Tumulten im Abgeordnetenhaus. (Siehe Seite 22) SPD- Fraktionsvorsitzender Klaus Böger erklärte, seine Partei werde den Haushalt „trotz mancher Bauchschmerzen geschlossen mittragen“.

Der Etat hat ein Ausgabevolumen von 45,7 Milliarden Mark – und steigert sich damit gegenüber dem Vorjahr um acht Prozent. Die Investitionen liegen mit 4,9 Milliarden Mark immer noch unterhalb der Aufnahme neuer Schulden (5,45 Milliarden Mark) – was gegen die Verfassung verstößt. Die Koalition kürzte die Etats um bis zu 20 Prozent. (Siehe Grafik) Besonders stark bluteten die Einzelpläne für Arbeit, Soziales, Wissenschaft und Umwelt.

Michaele Schreyer kritisierte die Belastung der Familien. Vierpersonenhaushalte würden durch verschiedene Gebührenerhöhungen um 235 Mark pro Jahr zusätzlich zur Kasse gebeten. Eine Familie mit zwei Kindern zahle für eine Jahreskarte der BVG inzwischen 3.600 Mark – das Doppelte des Jahres 1991. Harald Wolf von der PDS warf der Großen Koalition in Anlehnung an die Finanzsenatorin vor, sie sei „von der Krankheit der Wirklichkeitsverweigerung und der Reformverweigerung befallen“. Wolf war im übrigen bemüht, die Partei des demokratischen Sozialismus als konstruktiven Partner anzubieten. cif

Siehe auch Seite 5