Auch Griechenland droht der Nato mit einem Veto

■ Streit um EU-Aufnahme Zyperns: Athen will Nato-Erweiterung blockieren

Berlin/Nikosia (taz) – Griechenlands Außenminister Pangalos droht damit, wegen der stockenden Verhandlungen zur Aufnahme Zyperns in die Europäische Union die Nato-Osterweiterung zu blockieren. Den Vorschlag Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs, die türkischen Zyprioten in die EU-Beitrittsverhandlungen einzubeziehen, nannte er am Mittwoch „idiotisch“. „Dies ist eine kriminelle Haltung“, sagte Pangalos. „Klaus Kinkel und Malcolm Rifkind mußten der Türkei ein Geschenk machen“, so der griechische Außenminister weiter. „Sie haben es getan, aber jetzt müssen sie auch die Rechnung zahlen.“

Griechenland hatte am Dienstag ein Veto gegen die von Bonn, Paris und London geforderte Formulierung eingelegt, nach der „die Teilnahme aller Zyprioten an dem Verhandlungsprozeß“ anzustreben sei. Weil sich die Außenminister deshalb auf keinen Text einigen konnten, fiel ein vorgesehener „politischer Dialog“ mit dem zypriotischen Außenminister Michaelides ins Wasser. EU-Außenkommissar Hans van den Broek begann gestern dennoch Gespräche mit der Führung von griechischen und türkischen Zyprioten in Nikosia.

Griechenland befürchtet, daß mit der Formulierung „alle Zyprioten“ eine Teilnahme des international nicht anerkannten Regimes im türkisch besetzten Nordzypern verbunden sein könnte. Außerdem wird eine Mitbestimmung der zyperntürkischen Seite deshalb abgelehnt, weil diese eine EU-Integration Zyperns von einer Mitgliedschaft auch der Türkei abhängig machen wollen – so könnte eine EU-Mitgliedschaft Zyperns torpediert werden. Die griechisch dominierte Republik Zypern unterstützt die Position Athens: „Der vorgeschlagene Text konnte nicht akzeptiert werden“, so Regierungssprecher Casoulides am Mittwoch.

Die Türkei begrüßte dagegen die Haltung Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs. Zypern könne nicht vor der Türkei EU-Mitglied werden, so ein Sprecher des Außenministeriums. Ankara hatte in der Vergangenheit mit der Annexion des türkisch besetzten Teils Zyperns für den Fall gedroht, daß die Republik Zypern in die EU vor der Türkei aufgenommen werde. Auch die türkische Regierung hatte jüngst mit einem Veto gegen die Nato-Osterweiterung gedroht, falls das Land nicht in die EU aufgenommen werden sollte.

Hintergrund des Streits in Brüssel ist der zunehmende Unwillen mehrerer EU-Staaten, Zypern als Mitglied zu akzeptieren, solange der Konflikt zwischen Insel-Griechen und -Türken nicht gelöst ist. Ursprünglich hatte es geheißen, daß dies kein Hinderungsgrund sei. Im Gegenteil sollte der Aufnahmeprozeß als Katalysator für eine Wiedervereinigung auf der Insel dienen. Doch nach mehreren tödlichen Zwischenfällen an der Demarkationslinie und einer Verschärfung der Spannungen infolge der Absicht Zyperns, russische Flugabwehrraketen gegen die türkische Luftüberlegenheit zu stationieren, wird eine EU-Mitgliedschaft sehr viel skeptischer betrachtet. Besonders Bundesaußenminister Klaus Kinkel und sein britischer Kollege Rifkind haben deutlich gemacht, daß sie wenig Interesse daran haben, mit Zypern einen weiteren Konflikt in die EU „einzukaufen“. Klaus Hillenbrand