Längstes Kirchenasyl geht zu Ende

Vier Jahre und acht Monate lebte eine Roma-Familie in einer Kölner Kirchengemeinde. Heute erhält sie eine unbefristete Aufenthaltsbefugnis. Der Pfarrer: „Konsequenz lohnt sich“  ■ Aus Köln Walter Jakobs

Heute wird in der Kölner Antoniterkirche gefeiert. Im Zentrum steht dabei die fünfköpfige Roma- Familie Ibramov, die an diesem Freitag von der Kölner Ausländerbehörde eine unbefristete Aufenthaltsbefugnis erhält. Die jahrelangen Wechselbäder zwischen Bangen und Hoffen sind für die aus dem früheren Jugoslawien stammende Familie damit vorbei. Ein glückliches Ende, das vor allem dem Engagement der evangelischen Antoniterkirchengemeinde zu verdanken ist. Vier Jahre und acht Monate gewährte die im Zentrum der Domstadt gelegene Gemeinde Familie Ibramov Kirchenasyl.

Es begann am 19. 6. 1992 mit der Besetzung der Antoniterkirche. „Wir waren damals“, so erinnert sich Gemeindepfarrer Kurt-Werner Pick, „völlig konsterniert.“ Aus Bergisch-Gladbach war die Familie mit einem großen Unterstützerkreis nach Köln geeilt, um die für den nächsten Tag vorgesehene Ausreiseverfügung zu umgehen. Das schnell zusammengetrommelte Presbyterium entschied sich trotz großer Vorbehalte zunächst für eine Duldung. „Höchst kontrovers“ fiel die Reaktion im Kirchenvolk aus. „Es kochten einerseits die ganzen Ressentiments gegen Zigeuner hoch, und anderseits gab es viele, die vor dem Rechtsbruch warnten“, schildert Pfarrer Pick die damalige Situation. Ein paar Monate später kam es im Presbyterium dann zum „Schwur“. Per Mehrheitsbeschluß entschied das Leitungsgremium, unbefristet Kirchenasyl zu gewähren.

Vom Gemeindesaal zog Familie Ibramov in eine Wohnung des Gemeindehauses um. Böse Drohungen, Kirchenaustritte und „völlig unerwartete Hilfsangebote“ (Pick) folgten. Mehr als 100.000 Mark gingen als Spendengelder ein, Ärzte erklärten sich zur kostenlosen medizinischen Versorgung bereit, und Rechtsanwälte rollten den Asylfall juristisch neu auf. Ein Asylfolgeantrag scheiterte zwar, aber im Rahmen des Verfahrens gab es für die Eltern und deren minderjährige Tochter zunächst einen Abschiebeschutz. Nur über die beiden erwachsenen Söhne schwebte während der ganzen Zeit das Damoklesschwert der Abschiebung. Gnadenlos stur blieb zunächst das zuständige Ausländeramt in Bergisch-Gladbach. Erst als dort ein neuer Leiter einzog, kam der Asylfall in Bewegung. Die Zuständigkeit wechselte nun auf das Kölner Amt. Eine wohlwollende Auslegung der Richtlinien zur Altfallregelung brachte dann die Lösung.

Das glückliche Ende wertet Pfarrer Pick auch als Beleg dafür, „daß es sich lohnt, konsequent und mit viel Geduld an einem Fall dranzubleiben“. Die Gemeinde selbst habe „unglaublich viel gelernt“. Am meisten freut sich Pick darüber, daß sich das Zusammenleben im Gemeindehaus selbst während all der Jahre „zu einem ganz normalen, sehr guten nachbarschaftlichen Verhältnis entwickelt hat“. Von den anfangs geäußerten Ängsten und Bedenken sei „nichts geblieben“.