Nie mehr Formulare ausfüllen

■ Modell Osnabrück: Zentrales Bürgeramt für schnelle Beratung

„Bei uns müssen die Bürger kein einziges Formular mehr ausfüllen“, sagt Gert Leimbrock stolz. Im Bürgeramt Osnabrück, das Leimbrock leitet, macht das alles der Kollege Computer, dem die MitarbeiterInnen die Daten der Besucher einspeisen. Überhaupt ist das Bürgeramt ein bißchen anders als eine herkömmliche Amtsstube: Zeitschriften und eine Spielecke verkürzen wie beim Zahnarzt die Wartezeit. Die gibt es immer noch dann und wann, obwohl die Öffnungszeiten von früher einmal 21 auf heute 39 Stunden erweitert worden sind. Donnerstags ist bis 19 Uhr geöffnet. Ein Foto-Automat direkt im Amtssaal hilft den Schusseligen, die ohne Paßbilder zur Meldebehörde gekommen sind.

Osnabrück hat sein Bürgeramt, in dem Meldebehörde, Fundbüro, Bürgerberatung und das Ausländeramt zusammengefaßt worden sind, im Zusammenhang mit einem großen Bauvorhaben eingeführt. Anfang der neunziger Jahre mußte die Stadt das ehemalige Gebäude der städtischen Kliniken am Rande der Innenstadt neu nutzen. Der rote Ziegelbau wurde zum Stadthaus, in dem nicht nur das Bürgeramt, sondern auch die KfZ-Zulassungsstelle und viele andere Behörden untergebracht sind.

Die 160.000 Einwohner haben – im Gegensatz zu Heidelberg – nur ein Bürgeramt. Das sei, erklärt Leimbrock, historisch bedingt. Die alte Bischofsstadt sei schon immer eher zentralistisch organisiert gewesen. Die Menschen hätten keine so starke Identitifikation mit dem Stadtteil und es sei leichter, mit dem Bus von einem Außenbezirk in die Innenstadt zu kommen als sich im Außenbezirk zu bewegen.

„Am Anfang haben wir einen Katalog von Tätigkeiten gesammelt, die die Stadt macht“, berichtet Leimbrock. Das sei ressortübergreifend gelaufen unter der Regie des damaligen Hauptamtes, das inzwischen Amt für Organisationsentwicklung heißt. Aus den Leistungen der Stadt sei dann „ein Bodensatz“von Dingen übriggeblieben, „die wir im Bürgeramt machen können“. Das Hauptamt habe „immer wieder die Knoten durchgeschlagen“, wenn die Reform zwischen den beteiligten Dezernaten hakte, erinnert sich Leimbrock.

„Die einzelnen Gespräche dürfen nicht zu lange dauern, sonst gibt es zu lange Wartezeiten“, nennt der Amtsleiter seine Philosophie. Darum machen seine 18 Leute (im ganzen Bürgeramt sind es 40) auch keine Sozialhilfeberatung und andere tiefergehende Dienstleistungen. Da leide die Qualität, glaubt Leimbrock. „Kindergeld, Steuererklärung, Bauantrag: Das braucht zuviel Fachwissen“. Das könne er von seinen nicht gerade üppig bezahlten MitarbeiterInnen nicht zumuten. Aber man könne natürlich sagen, welcher Antrag wozu notwendig ist und auch Kontakte zu den Fachkollegen vermitteln, die ja zum Teil im gleichen Haus säßen.

Das Personal ist in drei Teams eingeteilt, die je nach Andrang ihren Einsatz und auch ihre Urlaubspläne selber bestimmen. „Warum sollte ich mich damit belasten“, fragt der Chef. Die einzelnen wechseln in regelmäßigen Intervallen von den Bedienungstischen in den sogenannten Hintergrund, wo sie Post erledigen, Telefondienst schieben und Meldeformulare bearbeiten.

Ebensowenig wie feste Mittagspausen gibt es im Bürgeramt feste Schreibtische. Jeder hat seine persönlichen Sachen in einem Rollcontainer, der unter dem Tisch plaziert wird. „Dagegen hatten wir schon Bedenken“, sagt Mitarbeiterin Sabine Klinger. Aber schließlich hätten sich die Kollegen durch die laufenden Wechsel alle besser kennengelernt. Und auch die flexiblen Arbeitszeiten seien gut. „Wenn ich mal auf eine Party gehe, dann kann ich am nächsten Tag auch später anfangen, sofern es mit dem Team geregelt wird. Wir finden es jetzt viel besser als früher“.

Das ist der Schlüssel für die bürgernahe Verwaltung: Die MitarbeiterInnen müssen mitziehen und man muß sich Zeit nehmen.

Einen Stock über dem Bürgeramt sitzt die Ausländerbehörde. Dort solle es genauso nett zugehen wie im Rest des Bürgeramtes, sagt Leimbrock. Allerdings gebe es hier öfter Wartezeiten, schon weil die Aktenlage im Einzelfall stets sehr genau geprüft werden müsse. Aber auch hier gab es Verbesserungen. Eine Mitarbeiterin hatte etwa die grandiose Idee, die Akten nicht mehr nach Nummern, sondern nach Namen zu sortieren, um etwa Ehepartner nebeneinander zu finden. In einer mehrtägigen Gewaltaktion wurden die Ordner umgehängt. „Es gibt eine Bereitschaft, sich Gedanken zu machen“, sagt Leimbrock, „sonst ist es doch zu langweilig“. Wenn er eine Stelle auszuschreiben habe, kämen immer reichlich Bewerbungen aus anderen Ämtern.