■ Kultur-Kehraus
: Wird Sparen privatisiert?

Freitag, später Nachmittag, das Fenster geöffnet, ein Windstoß, und schon liegt ein Papier auf dem Schreibtisch: Es trägt den Titel „Nachhaltige Neuordnung und Konsolidierung der bremischen Kulturpolitik und Kulturfinanzierung“und wird dem Koalitionsausschuß an diesem Wochenende vorgelegt. Die angekündigte „Neuordnung“sieht vor, den größten Teil der Kulturbehörde zu privatisieren. Was bloß nach einem formalen Akt klingt, hätte tatsächlich nachhaltige Folgen.

„Die Sicherung der kulturellen Grundversorgung Bremens ist auch in Zeiten großer Haushaltsenge unverzichtbar“, heißt es einleitend in der Senatsvorlage, an deren Erstellung dem Vernehmen nach Vertreter aus dem Kahrs-Ressort und der Senatskanzlei mitgewirkt haben. Mit dieser Feststellung wird zugleich konstatiert, daß die vorgesehenen Eckwertbildungen im Kulturbereich nur durch Schließung großer Einrichtungen „realisierbar“seien. Nach gegenwärtigem Stand sollen hier 1998 knapp 7,9 Millionen, 1999 fast elf und im Jahr 2000 rund 14,5 Millionen Mark konsumptive Mittel gestrichen werden. Damit, so das Papier, werde das Sanierungsprogramm ernsthaft gefährdet.

Um dies zu verhindern, will Bremen „neue, innovative Wege“beschreiten. Demnach soll die Kulturbehörde weitgehend in einen „Kulturfonds mit Holdingfunktion“umgewandelt und ihr Etat privatisiert werden – nach welcher Rechtsform, ist noch offen. Die vorgeschlagenen Formen „GmbH“oder „wirtschaftlicher Verein“deuten jedoch an, daß man weiter gehen will als Städte, in denen das Kulturamt „nur“in einen städtischen Eigenbetrieb umgewandelt wurde.

Die neue Gesellschaft soll nicht nur über die Vergabe des (verminderten?) staatlichen und kommunalen Kulturetats entscheiden, sondern auch zusätzliche „Mittel bündeln“. Dazu zählen die Kulturfördermittel aus dem Wirtschaftsressort, ein fester Anteil der Mittel der Spielbank-Stiftung „Wohnliche Stadt“, Wettmittel sowie privates (Stiftungs-) Kapital. Den Grundstock des Kulturfonds soll ein 50-Millionen-Mark-Anteil aus Veräußerungen städtischen Vermögens bilden.

Wenngleich in anderen Städten mit der Umstrukturierung durchaus gute Erfahrungen gemacht wurden, verbergen sich in den Bremer Plänen in dieser Form zahlreiche Haken. So würden erstmals Beschäftigte des öffentlichen Dienstes – mit welchen Mitteln auch immer – direkt in ein Angestelltenverhältnis einer privatrechtichen Gesellschaft überführt. Doch viel wichtiger ist: Wenn die Finanzierung scheitert, sind die Absichten der Einleitung nichts wert. Allein das Zustandekommen des Kulturfonds-Grundstocks aus Veräußerungserlösen ( Verkauf der „Bremischen“oder der GEWOBA) ist bei den vielfältigen anderen Ansprüchen mehr als fraglich. Dieses und weitere Indizien nähren den Verdacht, daß mit diesen Plänen nicht die Kultur gestärkt, sondern das Sparen privatisiert wird. Christoph Köster