Wie die Abstimmung auch ausfällt, der Streit bleibt

■ Die Bündnisgrünen streiten weiterhin über die Frage der Nato-Osterweiterung. Demnächst hat die Fraktion über zwei sich widersprechende Anträge abzustimmen

Bonn (taz) – Der Streit um die Nato-Osterweiterung bei den Grünen geht weiter. Am 11. März soll die Bundestagsfraktion über zwei konkurrierende Anträge abstimmen.

Helmut Lippelt und Gerd Poppe, die dem Realo-Lager zugeordnet werden, sind bei einem Antrag federführend, der die Nato- Osterweiterung unter bestimmten Umständen befürwortet. Die Fraktionslinken Angelika Beer und Ludger Volmer erarbeiten ein Papier, das den Widerstand gegen die Osterweiterung festschreiben soll. „Die neue Nato ist kein Sicherheitsbündnis, sondern ein Militärbündnis“, meint Angelika Beer. „Die Osterweiterung forciert die Gefahr einer neuen Destabilisierung Europas durch die Ausgrenzung Rußlands. Unsere Alternative ist die OSZE, die gestärkt werden muß.“ Auch Helmut Lippelt ist der Meinung, „daß die Nato-Osterweiterung eine immense Belastung für das Reformlager in Rußland ist“. Das sei ein echtes Dilemma. Für ihn ist aber der entscheidende Punkt das Verhältnis zu den osteuropäischen Ländern: „Da ich mich sehr intensiv mit den deutsch-polnischen Beziehungen befasse, ist mir das Problem klar, daß in den Beitrittsländern 90 bis 95 Prozent der Bevölkerung in die Nato wollen. Die Frage ist: Macht man Politik mit politologischen Papieren, oder macht man sie mit Menschen? Wenn man sie mit Menschen macht, dann muß man deren Bedürfnisse, sich Europa zuzuordnen, ernst nehmen und kann sie nicht vor den Kopf stoßen.“

Der Ausgang des Konflikts ist offen. „Ich weiß, daß es eine latente Mehrheit gibt in der Fraktion gegen die Osterweiterung“, meint Ludger Volmer. „Ich weiß nur nicht, ob die Kollegen und Kolleginnen sich angesichts des Loyalitätsdrucks im Realo-Lager dazu bekennen werden.“

Angelika Beer glaubt, daß die Abstimmung noch nicht der Schlußstrich unter die Debatte sein wird: „Sollten wir verlieren, ist das langfristig ein Sieg, denn dann wird die Partei aufschreien. Stimmt die Mehrheit der Fraktion zu, ist das allerdings nur eine Verschiebung des Konflikts. Der wird spätestens in der Frage über Maastricht II und der damit verbundenen Militarisierung der EU vor dem Sommer erneut aufbrechen.“ Bettina Gaus