Wehrmachtstreit auch im Bundestag

■ Präsidentin Süssmuth lehnt Ausstellung im Parlament ab. Vize Vollmer distanziert sich von Begründung

Bonn (taz) – Die Fotoausstellung zu Verbrechen der deutschen Wehrmacht hat jetzt auch Streit ins Präsidium des Deutschen Bundestags getragen. Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer von den Bündnis 90/Die Grünen distanzierte sich gegenüber der taz von einem Brief, den Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) in diesem Zusammenhang geschrieben hat. Zuvor hatte der CSU-Politiker Peter Gauweiler die Ausstellung als Anlaß für rechtsradikale Ausfälle genutzt.

Anlaß der Kontroverse im Bundestagspräsidium war eine Anregung der beiden Abgeordneten Angelika Beer (Bündnis 90/Die Grünen) und Dagmar Enkelmann (PDS). Unabhängig voneinander hatten beide Abgeordneten vorgeschlagen, die Ausstellung im Deutschen Bundestag zu zeigen. Rita Süssmuth teilte den Parlamentarierinnen mit, daß das Präsidium diesen Wunsch abgelehnt hat. In diesem Brief heißt es wörtlich: „Das Präsidium hat dabei betont, daß es nicht Aufgabe des Bundestages ist, eine derart stark polarisierende und in der Öffentlichkeit heftig umstrittene Ausstellung in seinen Räumlichkeiten zu zeigen.“

„So ist das im Präsidium nicht besprochen worden“, sagt dazu Antje Vollmer. „Dieser Brief gibt meine Meinung nicht wieder. Dieser Satz ist genau nicht meine Begründung.“ Der eigentliche Grund für die Ablehnung des Vorschlags sei vielmehr gewesen, daß die Ausstellung für die Räume des Bundestages zu groß sei und sie gehört habe, daß die Organisatoren keine Teilausstellung wünschten. „Ich schätze die Ausstellung unheimlich und möchte, daß sie in Bonn zu sehen sein wird. Wir haben im Präsidium diskutiert, ob sie nicht im Haus der Geschichte gezeigt werden kann.“

Offiziellen Protest will die bündnisgrüne Vizepräsidentin nicht einlegen: „Es ist nicht meine Aufgabe, Frau Süssmuths Briefe zu korrigieren. Wir werden aber sicher noch mal drüber sprechen.“

Antje Vollmers Unterschrift findet sich auch unter einem Antrag ihrer Fraktion, in dem der Bundestag zu einer Stellungnahme aufgefordert wird. Darin heißt es: „Der Deutsche Bundestag nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, daß Rechtsextremisten die Auseinandersetzung um die Ausstellung ,Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944‘ zum Anlaß für bundesweite Mobilisierung zu Demonstrationen und rechtsextreme Propaganda nehmen.“ Die Bündnisgrünen wollen ihren Antrag in der nächsten Sitzungswoche auf die Tagesordnung setzen lassen, „wenn's sein muß auch mit strittiger Debatte“, sagt Volker Beck, der das Papier formuliert hat.

Auf Empörung ist der Brief von Rita Süssmuth auch bei den beiden Adressatinnen gestoßen. „Ich denke, daß der eigentliche Grund der Ablehnung ist, daß Frau Süssmuth die CSU nicht verärgern will“, meint Dagmar Enkelmann. Ihre Kollegin Angelika Beer nennt die Begründung der Bundestagspräsidentin einen „unglaublichen Skandal“. Es gehe ihr darum, „daß Mitglieder einer Regierungspartei die Echtheit der Bilder anzweifeln und den rechten Rand in der Republik mobilisieren. Die Präsidentin hat weder ihre Aufgaben noch ihre politische Verantwortung begriffen.“ Bettina Gaus