Bittere Runden für den boxenden Opa

■ Sugar Ray Leonard bei seinem Comeback gegen Hector Camacho ohne jede Chance

Berlin (taz) – Im Januar wurde Sugar Ray Leonard in die „Hall of Fame“ des Boxsports gewählt, am Samstag abend in Atlantic City tat der 40jährige Meisterboxer früherer Tage sein Bestes, um ganz schnell wieder hinausgeworfen zu werden. Beim fünften Comeback seiner wechselvollen Karriere unterlag Leonard, der bereits Großvater ist, wie die amerikanischen Medien nicht müde wurden zu betonen, dem sechs Jahre jüngeren Hector Camacho in der fünften Runde durch technischen K.o.

Der Kampf um die IBC-WM im Mittelgewicht nahm in etwa den Verlauf, den Camacho prophezeit hatte: „Er wird ein bißchen was von jenem Sugar Ray zeigen, der er gegen Hagler war, und eine Menge von dem, der er gegen Terry Norris war.“ Gegen Marvin „Marvelous“ Hagler hatte Leonard 1988 bei seinem dritten Auftauchen aus dem Ruhestand einen der größten Kämpfe seiner Karriere bestritten und den wilden Schläger nach allen Regeln der Boxkunst ausgepunktet. Gegen Norris dagegen hatte er bei seiner Punktniederlage 1991 nicht viel mehr als einen lebenden Punchingball abgegeben und war danach nicht mehr in den Ring gestiegen. Bis zum Samstag.

Von 10.324 Fans stürmisch angefeuert, zeigte Sugar Ray in den ersten beiden Runden tatsächlich einige Schimmer seiner alten Klasse, doch schon in Runde 3 übernahm Camacho, der in 67 Kämpfen nur dreimal verloren hat, das Kommando im Ring. „Ich wußte, daß es bloß eine Frage der Zeit war, bis meine Schläge Wirkung zeigen würden“, sagte „The Macho Man“, und Leonard gab später unumwunden seine Chancenlosigkeit zu: „Keine Ausreden. Ich bin nie in den Kampf gekommen.“ Nach einem Niederschlag in der fünften Runde schaffte er es zwar noch einmal, sich zu erheben, aber dann prasselte ein Hagel von Hieben auf ihn ein, und der Ringrichter stoppte den Kampf. Ob Leonard gegen den Abbruch protestiert habe, wurde der Referee gefragt. Joe Cortez antwortete: „Er hat mir gedankt“.

„Meine Karriere ist definitiv vorbei“, erklärte Sugar Ray Leonard, der in den letzten 17 Jahren nur 14 Kämpfe bestritten hat, nach der blamablen Niederlage. Derweil rätselten die meisten immer noch, warum er überhaupt in den Ring gestiegen war. „Er brauchte das Geld“, vermutet Hector Camacho, dem nun ein WM-Kampf gegen den Sieger der Begegnung Oscar de la Hoya – Pernell Whitaker winkt. Die Unterstellung finanzieller Motive weist Leonard, der immerhin rund vier Millionen Dollar für den Kampf kassierte, weit von sich. „Ich habe die Beachtung vermißt, die mir das Boxen bringt“, hielt er dagegen.

Diesmal ist man fast geneigt, ihm zu glauben, daß er künftig auf jene Art Beachtung, die er in Atlantic City erfuhr, tatsächlich verzichten wird und sich mit seinem Platz in der „Hall of Fame“ begnügt, den man ihm natürlich lassen wird. „Wenn ich meinen guten Ruf mit einem einzigen Kampf ruinieren kann“, sagte Sugar Ray Leonard schon vor dem Fight gegen Camacho, „dann hat es nie einen guten Ruf gegeben.“ Matti