Genosse Trend wählt grün

■ Frankfurt: SPD verliert, CDU und Grüne gewinnen

„Wenn Kohl den 2. März zur Testwahl machen will“, verkündete der hessische Ministerpräsident Eichel vor dem Urnengang großspurig, „soll er sie haben.“ Bekommen hat Kohl sie nicht. Die Gesetzmäßigkeit, daß Kommunalwahlergebnisse nur bedingt aussagefähig für die Bonner Politik sind, hat sich in ihrer ganzen Banalität auch in Hessen bestätigt. Der einzige politische Stimmungstest in der ersten Jahreshälfte hat der CDU und der SPD leichte Gewinne, der FDP hingegen leichte Verluste gebracht – daraus einen Trend für Bonn herausfiltern zu wollen, ist Kaffeesatzleserei.

Über den kommunalen Rahmen hinaus sind vor allem die Ergebnisse in Frankfurt bedeutsam, der Stadt, die über Jahre hinweg als eine Art Laboratorium für die alte Bundesrepublik galt. Für die Zukunft vor allem der Metropolen zeichnet sich eine völlig neue politische Konstellation ab. Die bestimmenden Pole werden mehr und mehr die CDU und die Grünen, die SPD taumelt orientierungslos dazwischen und weiß nicht, wie ihr geschieht. Das sind mehr als nur Veränderungen – das sind tektonische Verschiebungen, die eine neue Epoche ankündigen.

Die Frankfurter SPD hat, anders als in Hessen insgesamt, deutlich an Stimmen verloren. Das liegt zum einen an ihrer hausgemachten Krise. Bei ihr ging es in den letzten Jahren zu wie in der Frankfurter Eintracht: Teure Stars wie Volker Hauff und Andreas Schoeler wurden einkauft und dann von dem (sozialdemokratischen) Vereinsklüngel fertiggemacht. Zum anderen liegen diesem Niedergang auch strukturelle Ursachen zugrunde. Die klassischen sozialdemokratischen Milieus in den großen Städten lösen sich auf, der Einfluß von Großorganisationen wie den Parteien nimmt stetig ab, die Kommunikationsformen ändern sich. Der berühmte Genosse Trend wählt mittlerweile grün.

Die Sozialdemokraten wollten sich aus diesem Dilemma befreien, indem sie die Grünen als Mittelstandpartei ohne soziales Gewissen attackiert haben. Die Grünen von „links“ zu kritisieren ist jedoch ein aussichtloses Unterfangen – erst recht für eine Partei, die nicht in der Lage ist, in Bonn wirkliche politische Alternativen zum rigiden Sparkurs der Regierung zu entwickeln und stattdessen immer wieder mit einer Großen Koalition kokettiert. Jens König/Stefan Reinecke