Kontakt gesucht, Todesangst verursacht

■ Hafturlauber wegen Vergewaltigung zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt

Der Überfall mißlang. Das Portemonnaie enthielt nicht mehr als zehn Mark. Doch das Opfer – eine 17jährige Frau – wurde um viel mehr beraubt als nur um den einen Geldschein. Sie wurde gezwungen, den Mann, der ihr von der Nachtbushaltestelle nachgegangen war und sie mit einem Messer bedroht hatte, mehrfach zu befriedigen. Das Hamburger Landgericht hat den 33jährigen Maurer gestern wegen schwerer räuberischer Erpressung und sexueller Nötigung zu sieben Jahren Freiheitsentzug und Sicherungsverwahrung verurteilt.

Mit der Freiheit hat der Angeklagte, der selbst als Kind mißbraucht worden war, kaum Erfahrungen machen können. Insgesamt vierzehn Jahre seines Lebens verbrachte er im Gefängnis – verurteilt wegen versuchter Vergewaltigung, versuchten Mordes und einiger Raubüberfälle. Vor Gericht hat er nichts verschwiegen und mit leiser Stimme von der Nacht erzählt, in der er die Tat begangen hatte. Dieser 13. Juli 1996 war sein erster Hafturlaubstag, den er außerhalb der Anstaltsmauern von Santa Fu verbringen durfte. Er habe „Kontakt gesucht“, aber nicht gewußt, wie er eine Frau ansprechen könne. Auch habe er sich vor Zurückweisung gefürchtet. „Ich wünschte, ich könnte die Tat ungeschehen machen“, erklärte der 33jährige im Prozeß.

Verzweifelt hatte die 17jährige bemerkt, daß ihr nachts um zwei jemand bis in den Hof des Steilshooper Wohnblocks gefolgt war, in dem sie mit ihren Eltern lebt. „Vorsicht, Kinderschänder!“soll der Hafturlauber der schockierten Frau ins Ohr geflüstert haben, als er sich von hinten an sie heranwagte und ihr ein Messer vor den Bauch hielt. Seit dem vergangenen Sommer versucht die 17jährige, die wiederkehrende Angst vor einer Rückkehr des Täters in einer Therapie zu überwinden, um nicht jedesmal in Panik zu verfallen, wenn sie einem Mann mit einer dicken Brille begegnet, der von weitem Ähnlichkeit mit dem Angeklagten hat. Bisher wagt sie kaum, aus dem Fenster zu schauen. Der Maurer hat versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen.

Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Haft und Sicherungsverwahrung gefordert, die Verteidigung fünf Jahre Freiheitsentzug. „Wir wissen, wie demütigend und angstbesetzt diese Taten für die Opfer sind“, sagte die Vorsitzende Richterin Gertraut Göring in der Urteilsbegründung. Das Opfer habe in Todesangst alles getan, was von ihm verlangt wurde. Tiefgreifende Persönlichkeitsstörungen, die für eine verminderte Schuldfähigkeit sprächen, hätten nicht nachgewiesen werden können. Der Maurer sei ein „Vorzeigegefangener“, der in der Haft eine Therapie und eine Ausbilung gemacht habe. Er habe stets Kontakt zu seiner Betreuerin und seiner Familie gehalten. Daher war ihm auch der Hafturlaub gewährt worden. lian