„Keine Chance für den Nachwuchs“

■ Bremer Beamtenbund-Jugend sieht schwarz bei geplanter 40-Stunden-Woche für Beamte und fordert erneut Solidarpakt

Die Große Koalition beschloß am Sonntag, für die Bremer BeamtInnen wieder die 40-Stunden-Woche einzuführen. Dies sei die einzige Chance, um den Personal-Etat nicht zu überschreiten, hieß es. Allerdings soll es 100 neue Ausbildungsplätze u. a. bei der Polizei und gegebenenfalls einige Dutzend neue LehrerInnenstellen geben. Die taz sprach darüber mit dem Schatzmeister der Bremer Beamtenbund-Jugend, Holger Schlue.

taz: Herr Schlue, was bedeutet die 40-Stunden-Woche für BeamtenanwärterInnen?

Holger Schlue, Bremer Beamtenbund-Jugend: Das bedeutet, daß der Nachwuchs keine Chance mehr auf eine Anstellung hat. Nur bei der Polizei wird es ein paar Alibi-Stellen geben.

Ist das der Abschied der Regierungskoalition von verantwortlicher Arbeitsmarktpolitik?

Das kann man so sagen. Arbeitsplätze werden vernichtet, die Belastung für alle steigt, die Jugend steht vor verschlossenen Türen – zumindest im öffentlichen Dienst.

Wäre der Solidarpakt nicht sinnvoller gewesen?

Natürlich. Aber nur unter der Voraussetzung, weniger Lohn für mehr Einstellungen. Aber konkret die CDU wollte ja keine Zusagen zu Neueinstellungen machen. Und einen Solidarpakt zu Lasten der Beschäftigten tragen wir nicht mit.

Sollte erneut über einen Solidarpakt nachgedacht werden?

Auf jeden Fall. Aber die Öffentliche Hand lenkt nicht ein. Da gibt es keinerlei Bereitschaft.

Muß dann mit einer totalen Überalterung im Öffentlichen Dienst gerechnet werden, weil der Nachwuchs außen vor bleibt?

Die haben wir zum Teil schon – so etwa bei den Lehrern. Das führt zu ineffizienter Arbeit. Zudem fehlt auf Dauer der moderne Touch. Außerdem wird es in Kürze zu einer Pensionierungswelle kommen. Wie die Arbeit dann fortgeführt werden soll, ist mir ein Rätsel.

Welche Auswege bietet denn der Beamtenbund an?

Es muß ein Solidarpakt her.

Übersteigt der nicht den Kostenrahmen angesichts der maroden Haushaltslage?

Die Einschätzung ist richtig. Aber man könnte zumindest Entlassungen verhindern.

Das löst die Probleme des Nachwuchses nicht.

Die 40-Stunden-Woche aber auch nicht.

Angenommen, es bleibt bei der Erhöhung auf eine 40-Stunden-Woche. Welche Möglichkeiten hätten die Beamten dagegen?

Da wir nicht streiken dürfen, wollen wir jetzt versuchen, exakt zu analysieren, welche Mängel durch die neuen Koalitionsbeschlüsse in der Verwaltung auftreten und damit an die Öffentlichkeit gehen. Bei der Politik ist ja keine Akzeptanz mehr zu erkennen.

Inwiefern?

Personalstaatsrat Beermann von der CDU hat klar zu uns gesagt, wenn im Öffentlichen Dienst gekürzt wird, bringt das Stimmen für die CDU. Der Rest interessiert ihn offenbar nicht. Daran erkennt man, worum es geht. Nicht um Arbeitsplätze, um politische Macht.

Was sind die Konsequenzen?

Daß die öffentliche Verwaltung nicht mehr funktioniert. Für die Polizei heißt das konkret, daß die öffentliche Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann. Nicht mit Alibi-Einstellungen.

Aber darum wird doch jetzt die 40-Stunden-Woche eingeführt.

Das ist eine Papiertigerrechnung. Mehrarbeit ist nicht so effizient, wie die Einstellung junger, motivierter Kollegen. Mit der 40-Stunden-Woche wird das Problem nur verschärft. Fragen: jeti