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: Nichts Neues von der Arbeitsfront

Als neulich im SPD-„Betriebsräte-Ost-Arbeitskreis“, der im übrigen fürderhin als „Berliner Betriebsräte-Arbeitskreis“ firmieren wird, der Hungerstreik der Belfa-Beschäftigten diskutiert wurde, meinte ein Elpro- Betriebsrat: „Wir sind die nächsten, die um ihre Arbeitsplätze hungern müssen. Aber ich bin dagegen, daß der Staat derart für die Management-Fehler zahlen muß, ohne daß die Gründe für deren Versagen beseitigt werden!“

Weitere Massenentlassungen stehen bei der Gasag an, wo das Management sich bei den sie demnächst übernehmenden Gas- Konzernen schon mal vorab einschmeicheln möchte: „Gut gemacht Jungs, ihr habt uns Millionen erspart, dafür werdet ihr alle mit einer Gehaltserhöhung übernommen!“

Im Zusammenhang eines EU- finanzierten Kooperationsabkommens mit den Marseiller Verkehrsbetrieben werden auch bei der BVG Massenentlassungen diskutiert, wobei man sich hier der Leute über das ABM-Sozialkombinat „Brücke“ entledigen möchte. Wegen des ABM- Abbaus sind die Beschäftigungsgesellschaften sowieso gezwungen, sich immer phantasievollere Arbeitsbeschaffungsprogramme einfallen zu lassen. Kurz gesagt, müssen sie immer wieder vorne was andocken, während ihnen zugleich hinten die Projekte wegbrechen. Überhaupt gilt für alle gesetzlich abgesegneten Arbeitsamt-Initiativen, daß sie früher oder später nach hinten losgehen.

Beispiel: die Lohnzuschüsse für die – BASF zuliebe – in die Arbeitslosigkeit geschickten Bischofferöder Kalikumpel. Man köderte damit Unternehmen im Eichsfeld, die dann auch tatsächlich viele Kalikumpel einstellten. Diese Maßnahme ging insofern nach hinten los, als die Firmen dafür bloß ihre gutmotivierten, aber von ihnen selbst bezahlten Angestellten zuvor in die Arbeitslosigkeit entlassen hatten, um Platz für die äußerst mißmutigen, aber kostenlosen Bergarbeiter zu schaffen.

Anders bei den Saisonarbeitern, vor allem aus Polen: diese Vermittlung von Erntehelfern hat das Arbeitsamt noch immer im Angebot, die Kontingente werden jedoch laufend von der Politik geschmälert. Weil aber inzwischen die Einzelbauern, vor allem in Westdeutschland, nicht mehr auf sie verzichten mögen, haben sich viele, vor allem bayerische Landwirte und Gärtner, eine Verdoppelung ihrer Betriebe einfallen lassen, wobei eine Hälfte bloß auf den Namen der Ehefrau überschrieben wird: Die beiden können in dem Fall das doppelte Saisonarbeiter-Kontingent beantragen.

So geht es hin und her: Neuen Gesetzen und Verknappungen auf der einen folgen prompt neue Finten, Listen und Tricks auf der anderen Seite. Dies gilt auch noch einmal für die Ämter und Kommunen selbst: In Sachsen-Anhalt hat ein Bürgermeister unlängst, um die Generationenmischung beim Personal seiner Kitas zu erhalten, den Kindergärtnerinnen die Möglichkeit einer einjährigen Arbeitslosigkeit mit Wiedereinstellungsgarantie gegeben – quasi ein staatlich finanzierter „Sabbatical“. In Sachsen-Anhalt flog die „Schweinerei“ auf. So wie dort auch zwei Arbeitslose, die sich den Neuköllner „Dagobert“ als Vorbild genommen und einen Handelskonzern erpreßt hatten, nach zwei Wochen geschnappt wurden. Helmut Höge

wird fortgesetzt