■ Verteidigung der Zigarre gegen ihren Boom
: Cohiba o muerte!

Was müssen das für Kerle sein, die solche Weisheit erlangt haben: „Mit den Zigarren ist es wie mit den Frauen. Schenkt man ihnen nicht die genügende Aufmerksamkeit, erlöschen sie.“ Derartig Sack- von-Welt-mäßig spricht der Zigarrenfabrikant Zino Davidoff daher, daß man bangt und hofft, solches Schema im Kopf möchte bitte auf keinen Fall vom Zigarrenrauchen selbst kommen.

Denn das Zigarrenrauchen als solches ist gut. Nur muß man es hin und wieder gegen einige seiner Protagonisten in Schutz nehmen. Spätestens, seitdem von der sog. „Siegerzigarre“, die sich Schau- und Footballspieler demonstrativ in den Kopf stecken, die unschöne Rede ist, macht sich der Typus des Statusrauchers und Parvenüs noch breiter als immer schon. Und das ist nicht schön, denn Status ist das Gegenteil von Hirn.

Dafür geben die drei Münchner Werber in der Touristenbar „Floridita“ in Havanna ein beredtes Beispiel. Hier, wo einst Hemingway soff, gurgeln jetzt sie mit Daiquiri und verüben Brandanschläge auf Montechristo-Zigarren. Da das Trio nicht nur schwer aufgekratzt ist, sondern vor allem laut, wird man unfreiwilliger Ohrenzeuge ihrer weltgewandten Existenz: „Laßt euch mal 'nen Schnäuzer stehen. Dann könnt ihr ganz andere Weiber haben!“ dröhnt der zirka 45jährige Tischälteste seinen beiden Gesellen zu, die ihre Zugehörigkeit zur Ich-hab's-geschafft- Sorte Mensch durch ein kehliges, schmaddriges Lachen bezeugen, bevor sie sich wieder der Zigarre in der linken Hand und dem sehr jungen kubanischen Mädchen im rechten Arm zuwenden, als wollten sie all die einfallslosen Karikaturisten ins Recht setzen, die, von keiner Wirklichkeit verdrossen, den klassischen Kapitalisten auch heute noch stets mit fetter Zigarre zeichnen, obwohl doch seit Jahrzehnten kein Vertreter der Wirtschaft mehr so aussieht.

Das besorgt statt dessen der Aufsteiger der 90er Jahre. Mit ziegelrot gebrannter Golf-und-Whisky-Visage betritt ein weiterer Mittvierziger das Lokal, auch er eine schwere Zigarre und ein leichtes Mädchen schwenkend. Guter Schnaps, bester Tabak und schöne Minderjährige sind billig zu haben in Havanna; das freut den Mann, und das sagt er auch laut. Als man ihn leise, aber bestimmt dazu auffordert, doch bitte kurz einmal mit vor die Tür zu kommen, wo er sich ein paar an den Reptilienhals abholen könne, ist er ganz verblüfft. So abgetötet ist dieser Mensch, daß er nicht einmal durch die Gnade einer ganz persönlichen Zuwendung ins Leben zurückgeholt werden kann.

Vergangenes Wochenende beging Fidel Castro feierlich den 30. Geburtstag der einst speziell für ihn geschaffenen Cohiba-Zigarre. 600 Ehrengäste lud Castro ins „Tropicana“ zum Galaspachteln – die Gäste zahlten allerdings selbst und durften auch Zigarren ersteigern. Kuba braucht Devisen, und wenn Castro seine persönlichen Schätze verhökert, geht es ans Eingemachte: Cohiba o muerte! Das sieht und hört man ebensowenig gern wie die Meldung, daß zu den Geladenen auch Arnold Schwarzenegger gehörte, der in seinem Restaurant, das er „Schatzi“ getauft hat, Havannaraucherparties veranstaltet, die von Fatzkes gleich ihm frequentiert werden. Da möchte man dann ein Telegramm schicken: Lieber Fidel Castro! Was hat Arnold Schwarzenegger, was ich auch habe? – Nichts! Im Gegensatz zur österreichischen Hormonbombe nämlich weiß ich eine Cohiba um ihrer selbst willen zu schätzen, und niemals würde ich sie, wie es der ansonsten aber okaye Kollege Rayk Wieland tat, als „Mädchenzigarre“ bespötteln. Geben Sie die Cohiba denen, die sie verdienen – also zum Beispiel Ihrem Wiglaf Droste