Aids-Hilfe zum Verstummen gebracht

Medienreferat, Zeitschrift und Pressesprecher der Deutschen Aids-Hilfe werden mit sofortiger Wirkung wegrationalisiert. Redaktionsteam sucht nach alternativen Finanzierungschancen  ■ Von Manfred Kriener

Berlin (taz) – Die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) und die ihr angegliederten 125 regionalen Aids- Hilfen verlieren ihre publizistische Stimme. Die von der DAH herausgegebene und in Berlin erscheinende Zeitschrift Aktuell wird eingestellt, das Referat Medien und Öffentlichkeitsarbeit geschlossen, der Pressesprecher wegrationalisiert.

Der Kahlschlag wurde der DAH vergangene Woche in Berlin nach Etatgesprächen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA) mitgeteilt. Da die Aids-Hilfe projektbezogen finanziert wird, also jedes einzelne Seminar und jede Aktivität einzeln beantragen muß, kann sie die Kürzungen nicht durch Etatumschichtungen kompensieren. Damit wird die gesamte Öffentlichkeitsarbeit amputiert.

Dem Medienreferat fehle ein direkter Bezug zur Aidsprävention, hieß es in der Begründung der BZGA. Insgesamt sei die Aids- Hilfe aber weniger gekürzt worden als andere Bereiche, erklärte gestern das Bonner Gesundheitsministerium. Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) hat den Aidsetat der Kölner BZGA um rund ein Drittel gekürzt. Die BZGA gibt die Kürzungen jetzt an die Aids-Hilfe weiter. Auch in anderen Bereichen muß die DAH kräftige Streichungen in Höhe von insgesamt 750.000 Mark verdauen.

„Wie vom Donnerschlag gerührt“, hat DAH-Verwaltungschef Ralf Rötten die Budgetbeschränkungen hingenommen. Pressesprecher Michael Lenz, in allen Aidsfragen wichtige Anlaufstation für die gesamte deutsche Medienlandschaft, weiß noch nichts vom Verlust seines Arbeitsplatzes. Er ist derzeit im Urlaub.

Jürgen Neumann, Mitglied des dreiköpfigen Redaktionteams des zuletzt vierteljährlich erscheinenden Magazins Aktuell, sprach von einem Versuch, der Aids-Hilfe „jede politische Artikulationsmöglichkeit zu nehmen“. Neumann: „Die wollen eine Aids-Hilfe, die Serviceleistungen anbietet und ansonsten politisch die Klappe hält.“

Die Zeitschrift Aktuell – Auflage: 9.000 Exemplare – erscheint seit September 1989 und war zusammen mit den Aids-Mitteilungen des Robert-Koch-Instituts in der Bundesrepublik die kompetenteste Publikation zum Thema Aids. Das Blatt hielt über die neueste Therapieentwicklung auf dem laufenden und gab darüber hinaus allen Infizierten und Kranken ein Forum. Authentische Berichte über die subjektive Seite der zumeist tödlichen Infektionskrankheit waren nirgendwo anders so eindrücklich zu lesen.

Das Magazin ging kostenlos an Multiplikatoren, Schulen, Arztpraxen, Gesundheitsämter, Krankenhäuser und an alle in Sachen Aids interessierten und engagierten Leser. Das Blatt hatte im Jahr lediglich rund 200.000 Mark gekostet. Die letzte Ausgabe wird gegenwärtig produziert. Momentan überlegt das Redaktionsteam nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, um die Zeitschrift doch noch weiter erscheinen lassen zu können.