Frostiger Empfang für Netanjahu in Ägypten

■ Israels Regierung läßt vier palästinensische Büros in Ost-Jerusalem schließen

Kairo (taz) – Das Gipfeltreffen stand unter keinem guten Stern. Kurz bevor gestern Israels Premier Benjamin Netanjahu in Kairo auf Ägyptens Präsident Husni Mubarak traf, waren in Israel weitere Schritte gegen die Ausweitung der palästinensischen Autonomie auf den arabischen Ostteil Jerusalems bekannt geworden: Vier Büros in Ost-Jerusalem, die der palästinensischen Autonomieverwaltung nahestehen, bekamen von den israelischen Behörden Schließungsbefehle zugestellt. Zugleich gab die israelische Regierung grünes Licht für den dortigen Bau 2.500 neuer Wohnungen für israelische Siedler.

Die israelischen Maßnahmen würden „Probleme für die Zukunft des Friedensprozesses schaffen“, sagte Mubarak nach dem Treffen mit Netanjahu. Verglichen mit seiner Erklärungen vor dem Gespräch – er hatte von einem Ausbrechen neuer Gewalt gesprochen – war Mubaraks Kritik jedoch zurückhaltend. Netanjahu verteidigte den Bau der Wohnungen für israelische Siedler als Maßnahme zur Bekämpfung des Wohnungsproblems in Jerusalem.

Für zusätzliche Spannungen sorgte eine israelisch-ägyptische Affäre: Am Vorabend des Treffens hatten die ägyptischen Behörden angekündigt, den vor wenigen Monaten festgenommen Israeli Azzam Azzam wegen Spionage vor Gericht zu stellen. Der Fall beschäftigt die Diplomaten beider Länder seit Monaten. Laut ägyptischen Presseberichten soll in den letzten Tagen ein Deal über Azzams Freilassung unmittelbar bevorgestanden haben.

Der gestrige Besuch war die zweite Visite Netanjahus in der ägyptischen Hauptstadt seit seinem Amtsantritt im letzten Jahr. Zwischenzeitlich hatten die israelisch-ägyptischen Beziehungen ihren Tiefstand seit Unterzeichnung des Friedensvertrags zwischen beiden Staaten vor fast 20 Jahren erreicht.

Im Vorfeld des Treffens mehrten sich in Ägypten Proteste gegen den Gast. Die linke und islamistische Opposition hatte zum Boykott des israelischen Ministerpräsidenten aufgerufen. An der Kairoer Universität demonstrierten Hunderte Studenten, und selbst einige Mitglieder der Regierungspartei im ägyptischen Oberhaus hatten den israelischen Gast derzeit „unwillkommen“ geheißen. Teile der ägyptische Presse – inzwischen bekannt für ihre Angriffe gegen Netanjahu – ließen sich auch diese Gelegenheit nicht entgehen: „Die Luft ist heute verschmutzt – Netanjahu ist in der Stadt“, titelte gestern die Wochenzeitung al-Dustur. Karim El-Gawhary

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