■ Mit dem Getreidepreis auf du und du
: Der Süden in Not

Seit 1994 ziehen die Weltmarktpreise für die wichtigsten Grundnahrungsmittel stark an. Weizen wurde um etwa 13 Prozent teurer, Reis um 15 bis 20 Prozent, und die Preise für Mais stiegen allein im letzten Jahr um 37 Prozent. Für die Entwicklungsländer entstehen dadurch zusätzliche Ausgaben in Höhe von rund vier Milliarden US- Dollar, schätzt die Welternährungsorganisation FAO. Die Leidtragenden sind die Endverbraucher im Süden, denn die Preissteigerungen werden fast vollständig auf sie abgewälzt. Schließlich können die Menschen schlecht auf einen Ersatz zu diesen Grundnahrungsmitteln ausweichen.

Gestern stellte Brot für die Welt eine Studie vor über die Auswirkungen der Preissteigerungen vor anhand der Beispiele Kenia und Zimbabwe. Viele Entwicklungsländer besonders in Schwarzafrika, so die Hilfsorganisation, würden durch Strukturanpassungsprogramme von IWF und Weltbank daran gehindert, lokale Grundnahrungsmittel anzubauen. Statt dessen sollen sie landwirtschaftliche Produkte für den Weltmarkt erzeugen, um Devisen zu verdienen. Allein Kenia wird dieses Jahr 2,3 Milliarden US-Dollar für den Import von Mais bezahlen müssen. Angesichts der ohnehin hohen Verschuldung vieler Staaten in der sogenannten Dritten Welt sind diese zusätzlichen Ausgaben kaum zu verkraften.

Und auch die Ernährungssicherheit sei nicht mehr gewährleistet. Obwohl es internationale Vereinbarungen gibt, daß ständig zehn Millionen Tonnen Getreide für Nahrungsmittelhilfen zur Verfügung stehen müssen, sind es derzeit nur sechs Millionen Tonnen. Gründe seien unter anderem klimatisch bedingte Produktionseinbrüche und die höhere Nachfrage vor allem aus China. Von einer Million Tonnen Getreide können sich zwölf Millionen Menschen ein Vierteljahr lang sattessen.

Bei der Unterzeichnung der Verträge des Internationalen Zoll- und Handelsabkommens (Gatt) 1994 in Marrakesch, haben sich die Industrieländer verpflichtet, Ausgleichszahlungen für die Preissteigerungen an die lebensmittelimportierenden Länder zu zahlen. Brot für die Welt mahnte die Industrieländer, endlich auch diesen Teil des Vertrags zu erfüllen.

Während inzwischen etwa im Osten und Nordosten Kenias gehungert wird, profitieren die Industrieländer von den hohen Preisen. Zwar müssen viele Agrarsubventionen im Zuge der Gatt-Vereinbarungen abgebaut werden. Doch hohe Weltmarktpreise garantieren den Bauern in den Ländern des Nordens, die Nahrungsmittel exportieren, ein gutes Auskommen. Uwe Kerkow